Auslegung der Umwelthaftungsrichtlinie (Schlussanträge, EuGH Rs C-529/15 „Folk“

Dem beim EuGH anhängigen Verfahren liegen die Auswirkungen einer im Jahr 1998 genehmigten Wasserkraftanlage an der Mürz zugrunde, welche seit 2002 in Betrieb ist. Ein Fischereiberechtigter hat Beschwerde erhoben, da durch den Betrieb der Anlage  wiederholt kurzfristig erhebliche Pegelschwankungen auftreten in deren Folge Kleinfische und juvenile Fische verenden würden. Die Beschwerde wurde jedoch von der Behörde mit der Begründung abgewiesen, dass der Betrieb des Kraftwerks – und somit auch dessen Auswirkungen – durch eine Bewilligung gedeckt seien.

In diesem Zusammenhang hat der im Wege des Instanzenzuges zuständige VwGH ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gestellt, das sich im Wesentlichen mit der Auslegung der Umwelthaftungsrichtlinie (RL 2004/35/EG) befasst. Der Generalanwalt Michal Bobek hat in den am 10. Jänner 2017 erstatteten Schlussanträgen beachtenswerte Aussagen getroffen.

  • Zum zeitlichen Anwendungsbereich der RL 2004/35/EG hat der Generalanwalt ausgeführt, dass dieser selbst dann erfüllt ist, wenn die Bewilligung und Inbetriebnahme der Anlage vor dem in Art 19 Abs 1 leg cit genannten Stichtag für die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht (30.4.2007) erfolgt ist. Lediglich die zur ökologischen Schädigung führenden Vorgänge bzw Ereignisse, müssen auch nach diesem Datum stattfinden.
  • Weiters stehen nationale Bestimmungen, die durch bewilligte Anlagen oder Handlungen verursachte Beeinträchtigungen generell vom Begriff des Umweltschadens ausnehmen, der RL 2004/35/EG entgegen.
  • Darüber hinaus sind nationale Gerichte im Rahmen der Feststellung eines Umweltschadens nicht verpflichtet die Kriterien der Wasserrahmenrichtlinie (RL 2000/60/EG) heranzuziehen.
  • Nationale Vorschriften welche Fischereiberechtigten das Recht auf Durchführung eines Prüfungsverfahrens gemäß Art 13 RL 2004/35/EG bezüglich eines Umweltschadens gemäß Art 2 Z 1 lit b leg cit verwehren, stehen in Widerspruch zu Art 12 Abs 1 lit a und Art 13 leg cit.
Es bleibt abzuwarten, inwieweit der Gerichtshof den Schlussanträgen im vorliegenden Fall folgen wird.