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Mag. Thomas Ukowitz

Vor dem Hintergrund der unionsrechtlichen Vorgaben der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) enthalten auch die Naturschutzgesetze der Länder Verbote, geschützte Tiere zu fangen. Die Reichweite des Begriffs „Fangen“ wurde bereits mehrfach in der Rechtsprechung behandelt; jüngst hat sich auch das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dieser Frage auseinandergesetzt.
Das BVwG stellte – unter Bestätigung seiner bisherigen Rechtsprechung – klar, dass der fachgerechte Fang geschützter Tiere mit unverzüglicher Umsiedelung auf geeignete Zielflächen nicht als „Fangen“ im Sinne der FFH-RL zu qualifizieren ist. Ein bloß kurzfristiges Fangen verstößt somit nicht gegen den Verbotstatbestand. Der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf die „unverzügliche“ Umsiedelung verdeutlicht jedoch, dass hinsichtlich der zulässigen Dauer des Gefangenhaltens ein strenger zeitlicher Maßstab anzulegen ist.

Mag. Thomas Ukowitz

Nicht zuletzt seit dem Urteil des EuGH in der Causa Heumarkt Neu und der Novellierung des UVP-Tatbestands Städtebauvorhaben im Zuge der UVP-G Novelle 2023 ist der Städtebauvorhabentatbestand häufig Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen.
Zuletzt wurde die Frage, ob Anhang 1 Z 18 lit b und d UVP-G idF der UVP-G Novelle 2023 unionsrechtskonform ist, an den Verwaltungsgerichtshof herangetragen. Die außerordentliche Revision stützte ihre Bedenken daran insbesondere auf die Entscheidung des EuGH in der Causa Heumarkt Neu. Der EuGH sprach zum Städtebauvorhabentatbestand idF vor der Novelle 2023 aus, dass dieser unionsrechtswidrig sei, da die Schwellenwerte zu hoch angesetzt seien (mindestens 15 ha bzw mehr als 150.000 m²) und die Erfüllung des Tatbestandes zu Unrecht davon abhängig gemacht werde, dass es sich um ein Erschließungsvorhaben zur gesamthaften multifunktionalen Bebauung mit einem über das Gebiet des Vorhabens hinausreichenden Einzugsbereich (Magnetwirkung) handelt.

Mag. Domnica Zamfirescu

Mit Erkenntnis vom 16.10.2024 hat das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) den Bescheid der Wiener Landesregierung aufgehoben, mit dem festgestellt wurde, dass für das Vorhaben „Seilbahn Kahlenberg“ keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erforderlich sei. Die Angelegenheit wurde gemäß § 28 Abs 3 VwGVG zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen.
Die zentrale Rechtsfrage des behördlichen Verfahrens war: Ist die Übergangsbestimmung zur UVP-G-Novelle 2023 unionsrechtswidrig?

Mag. Katharina Kuenburg

Die neue Novelle, BGBl I Nr 92/2024 (WEG-Novelle 2024), welche am 01.09.2024 in Kraft getreten ist, erleichtert nun die Errichtung von Balkonkraftwerken durch Wohnungseigentümer.
Bereits mit der WEG-Novelle 2022 wurde das Verfahren zur Zustimmung bzw Durchsetzung von bestimmten Änderungen am WEG-Objekt erleichtert, mit dem erklärten Ziel, dem Klimawandel entgegenzuwirken.
Gemäß § 16 WEG ist ein Wohnungseigentümer zu Änderungen (einschließlich Widmungsänderungen) an seinem Wohnungseigentumsobjekt auf seine Kosten berechtigt. Die Änderungen bedürfen der Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer, sofern eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Wohnungseigentümer möglich ist. Bagatellhafte Umgestaltungen sind hiervon jedoch ausgenommen.
Der Gesetzgeber hat mit der WEG-Novelle 2022 für bestimmte im Gesetz genannte Fälle eine Zustimmungsfiktion eingeführt, um Veränderungen zu erleichtern, sofern der Änderung nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Verständigung gemäß § 24 Abs 5 WEG widersprochen wurde (§ 16 Abs 5 WEG).

Mag. Domnica Zamfirescu

Das Berufungsgericht in Den Haag hob am 12. November 2024 das bahnbrechende Urteil aus dem Jahr 2021 auf, das Shell zu einer drastischen Reduktion seiner CO₂-Emissionen verpflichtet hätte. Die Entscheidung unterstreicht die rechtlichen und methodischen Herausforderungen bei der Umsetzung globaler Klimaziele durch nationale Gerichte und wirft Fragen zur Rolle des Rechtsstaats auf.
Das Klimaurteil der ersten Instanz: Revolution oder juristischer Irrweg?
Im Jahr 2021 hatte das Bezirksgericht Den Haag den niederländisch-britischen Ölkonzern Shell dazu verurteilt, seinen CO₂-Ausstoß bis 2030 um 45 Prozent gegenüber 2019 zu reduzieren. Die Entscheidung stützte sich auf eine weite Interpretation des niederländischen Zivilrechts (Art. 6:162 nlBGB), das Schäden durch unerlaubte Handlungen regelt. Shell wurde verpflichtet, nicht nur die direkten Emissionen seiner Produktion, sondern auch die indirekten Emissionen seiner Zulieferer und Kunden zu senken.

Mag. Georg Schwarzmann

Mit Urteil vom 17.10.2024 zu den verbundenen Rechtssachen C-650/23 und C-705/23 setzte sich der EuGH mit dem Anspruch von Passagieren auf Ausgleichsleistung in einer besonderen Sachverhaltskonstellation auseinander. Nachfolgend wird auf den der Rechtssache C-650/23 zugrundeliegenden Sachverhalt eingegangen. Die Einleitung des Vorabentscheidungsverfahrens erfolgte durch das Landesgericht Korneuburg.
Im Ausgangsfall verfügte der Passagier über die bei einem Reiseveranstalter vorgenommene Buchung für einen Flug von Heraklion nach Linz. Einen Tag vor dem geplanten Abflug informierte der Reiseveranstalter den Fluggast über eine Änderung der Reisedaten. Endziel des nunmehr rund fünfeinhalb Stunden später startenden Fluges sei demnach nicht Linz, sondern Wien. Der Passagier erschien folglich nicht zum Abflug des ursprünglich gebuchten Fluges, der allerdings vom beklagten Luftfahrtunternehmen planmäßig durchgeführt wurde. Darüber hinaus war die vom Reiseveranstalter erteilte Information über die Flugplanänderung nicht auf eine Handlung oder Entscheidung des ausführenden Luftfahrtunternehmens zurückzuführen, das von diesem Vorgang keine Kenntnis hatte.

Fachliteratur·Bearbeiter: Georg Schwarzmann ·ZfV 2024/29 · ZfV 2024, 313 · Heft 4 v. 13.12.2024

Praxishandbuch zu Criminal Compliance. Herausgegeben von Elias Schönborn und Thomas Morwitzer. Manz Verlag, Wien 2023. 700 Seiten, € 128,-.

In einer sich ständig weiterentwickelnden und globalisierten Wirtschaftswelt sind klare normative
Rahmenbedingungen von zentraler Bedeutung, um die Funktionalität des Marktes einerseits und
das Wohl der Menschen andererseits zu gewährleisten. Die damit einhergehende wachsende
Regelungsdichte und das Zusammenspiel insbesondere europäischer und nationaler Normen
setzen fundierte juristische Kenntnisse voraus. Während international agierende Konzerne
spezialisierte Compliance-Abteilungen einrichten, um die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben
sicherzustellen, fehlt es in kleineren Unternehmen häufig nicht nur am Risikobewusstsein,
sondern ebenso an den erforderlichen Ressourcen. An diesen Punkt knüpft das vorliegende
Praxishandbuch an, indem sowohl die Grundlagen und die Notwendigkeit von Criminal
Compliance erläutert als auch Strategien für die effektive Implementierung der erforderlichen
Systeme dargelegt werden.

Mag.a Domnica Zamfirescu

Der Verwaltungsgerichtshof (im Folgenden VwGH) hob am 08.08.2024 das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg (im Folgenden LVwG) im Zusammenhang mit der naturschutzrechtlichen Bewilligung eines Kraftwerksprojekts an der Salzach aufgrund von Verfahrensmängeln auf. Im Mittelpunkt der Entscheidung stand die unzureichende Prüfung des Vorkommens der nach der FFH-Richtlinie und landesrechtlichen Naturschutzregelungen geschützten Haselmaus im Projektgebiet. Die Haselmaus ist in Anlage 2 der Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung der Salzburger Landesregierung (LGBl Nr 93/2017) als besonders schützenswert iSd § 31 Abs 1 Z 1 Salzburger Naturschutzgesetzes gelistet. Die Landesumweltanwaltschaft Salzburg hatte gerügt, dass keine systematischen Erhebungen zum Vorkommen dieser Art durchgeführt wurden. Zudem wurde das angefochtene Erkenntnis den Begründungserfordernissen in Ansehung der Beurteilung nicht gerecht, ob durch das Projekt hinsichtlich waldbewohnender Vogelarten artenschutzrechtliche Verbotstatbestände ausgelöst werden. Außerdem waren die Auflagen im Hinblick auf die Herpetofauna völlig unbestimmt.

Das LVwG hatte etwa festgestellt, dass keine Haselmauspopulation im Projektgebiet existiere, wobei es sich dabei auf Zufallsfunde aus dem Jahr 2013 der Biodiversitätsdatenbank stützte. Die zoologische Amtssachverständige bestätigte zwar in der Verhandlung, dass spezielle Methoden zur Erfassung von Haselmäusen, wie Nistkästen oder Röhren, erforderlich gewesen wären, die hier nicht zum Einsatz kamen. Das LVwG ging ohne weitere Begründung allerdings nicht darauf ein.

Nach der Rechtsprechung des VwGH erfordert die Begründungspflicht der Verwaltungsgerichte folgende Schritte:

• eine eindeutige, überprüfbare Feststellung des zugrunde gelegten Sachverhalts,
• eine Darlegung der Gründe, die die Behörde bei widersprüchlichen Beweisergebnissen zur Feststellung eines bestimmten Sachverhalts bewogen haben,
• und schließlich die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch des Bescheids geführt haben.

Diese Anforderungen sind erfüllt, wenn die Überlegungen zum Sachverhalt, zur Beweiswürdigung und zur rechtlichen Beurteilung aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichts hervorgehen. Das Verwaltungsgericht darf dabei wesentliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen oder Begründungen übergehen (vgl zuletzt VwGH 22.10.2020, Ra 2019/10/0014 mwN).

Der VwGH stellte klar, dass die Sachverhaltsfeststellung samt Beweiswürdigung des LVwG im Hinblick auf Artenschutz unzureichend waren. Da nicht ausgeschlossen werden konnte, dass das LVwG bei Vermeidung der aufgezeigten Begründungs- bzw Ermittlungsmängel zu einem anderen Verfahrensergebnis gelangt wäre, hob er das Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.

VwGH 08.08.2024, Ra 2022/10/0157

Mag. Thomas Ukowitz

Am Areal des Nordwestbahnhofs, einem seit 2006 stillgelegten Frachtenbahnhof, ist die Errichtung eines neuen Stadtviertels vorgesehen. Die Planungen für das gegenständliche Vorhaben reichen bis ins Jahr 2005 zurück. Die Wiener Landesregierung erteilte Ende 2022 die Genehmigung für das Städtebauvorhaben. Diese wurde vom Bundesverwaltungsgericht im Jänner 2024 im Wesentlichen bestätigt. Gegen das verwaltungsgerichtliche Erkenntnis wurde eine außerordentliche Revision erhoben. Das letzte Wort sprach nun der VwGH mit seinem Beschluss vom 09.07.2024.

Die Revision monierte insbesondere die „Willkür“ bei der Wahl der „Nullvariante. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes legt die „Nullvariante“ das Unterbleiben des Vorhabens dar. Im gegenständlichen Verfahren war strittig, ob die „Nullvariante“ vom Status quo, also einem brach liegenden ehemaligen Verschubbahnhof ohne laufende Nutzung oder vom letzten vollen Betriebsjahr bzw einer Wiederinbetriebnahme des Frachtenbahnhofs in Vollkapazität ausgehen muss. Die Wahl des Nullplanfalls ist insofern entscheidend, als dieser die Basis für die Auswirkungsberechnungen bildet.

Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass für den Fall, dass das gegenständliche Städtebauvorhaben nicht realisiert werden könne, die Wiederinbetriebnahme des Frachtenbahnhofs absehbar sei. Die Projektwerberin verfüge über eine aufrechte Genehmigung für den Betrieb eines Güterumschlags; im Fall einer Nichtrealisierbarkeit des Vorhabens würde und müsste sie nach Maßgabe der Bewilligungssituation (aufrechte eisenbahnrechtliche Genehmigung) reagieren. Als absehbare Entwicklung komme diesfalls nur der Weiterbetrieb der Eisenbahn in Frage.

Rechtlich führte das Verwaltungsgericht hierzu aus, wenn – wie im gegenständlichen Fall – konkrete Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass es in absehbarer Zeit zu einer Änderung des Sachverhalts kommen werde und die Behörde in der Lage sei, sich über die Auswirkungen dieser Änderung ein hinlängliches Bild zu machen, sei auf absehbare Entwicklungen bei der Entscheidung über die Genehmigung des Vorhabens Bedacht zu nehmen. Daher sei im gegenständlichen Fall nicht das letzte volle Betriebsjahr des Frachtenbahnhofs (2006) als Nullplanfall zu Grunde zu legen, sondern ein (Basis-)Szenario, welches das Kriterium für eine absehbare zukünftige Entwicklung erfüllt.

Den Auswirkungsberechnungen wurde daher als Nullvariante die volle Wiederinbetriebnahme des Bahnhofs in der Zukunft zu Grunde gelegt. Der Forderung der Beschwerdeführer, von den tatsächlich bestehenden Immissionswerten auszugehen, erteilte das BVwG eine Absage. Im Rahmen der außerordentlichen Revision ist es den Vorhabensgegnern nicht gelungen, in Form einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen, dass die Wahl des Nullplanfalls rechtswidrig erfolgt ist. Der VwGH wies die Revision daher als unzulässig zurück und bestätigte die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts.

BVwG 30.01.2024, W104 2265480-1, „Städtebauvorhaben Nordwestbahnhof“; VwGH 09.07.2024, Ra 2024/05/0029

Mag.a Julia Steier

In der Vergangenheit sorgten zahlreiche Vorfälle mit Hunden, insbesondere tödliche Bissattacken, immer wieder für Schlagzeilen und Diskussionen über die Pflichten von Hundehaltern. Diese Vorfälle haben in der Gesellschaft und vor allem bei zahlreichen Hundehaltern das Bewusstsein geschärft. Doch muss ein Hund immer an der Leine geführt werden? Gerade auf Geh- und Radwegen im städtischen Bereich, wo Fußgänger, Radfahrer und Hundehalter auf engem Raum zusammenkommen, ist die Unsicherheit groß.

Auch der OGH beschäftigte sich jüngst mit dieser Frage und stellte in seinem Urteil vom 25.07.2024 zu 2 Ob 119/24z klar, dass es durchaus Situationen gibt, in denen eine Leinenpflicht nicht zwingend erforderlich ist – vorausgesetzt, der Hund ist gut erzogen und gehorcht auf Kommando.

Darf der Hund ohne Leine laufen?

Der OGH hat bereits in der Vergangenheit ausgesprochen, dass der Halter eines Hundes haftbar ist, wenn eine ortspolizeiliche Verordnung eine Leinenpflicht vorschreibt, der Hund dennoch frei läuft und dadurch etwa einen Radfahrer zu Fall bringt. Zwar kann das Anleinen des Hundes auch ohne eine entsprechende Verordnung der Gemeinde geboten sein, jedoch dürfen die Anforderungen an den Tierhalter nicht überspannt werden. Gemäß § 1320 Abs 1 ABGB haben Tierhalter dafür zu sorgen, dass ihr Hund keine Gefahr für andere darstellt. Der OGH hat in diesem Zusammenhang bereits klargestellt, dass die Aufsicht über einen Hund, insbesondere bei Spaziergängen im freien Gelände, nicht zwangsläufig bedeutet, ihn an der Leine zu führen. Es reicht aus, wenn die Aufsichtsperson den Hund, sofern er zuverlässig auf Befehle hört, ständig im Blick behält und ihn durch Zuruf kontrolliert (sogenannte „virtuelle Leine“). Die Art und Weise, wie ein Tier gehalten oder überwacht werden muss, hängt jedoch stets von den spezifischen Gegebenheiten des Einzelfalls ab.

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