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Mag. Katja Androsch-Lugbauer

Mit der Frage, ob das Ausscheiden eines Unternehmers aus dem Vergabeverfahren auf Basis eines vorliegenden Abschlussberichts des Bundesamts für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) zulässig sei, setzte sich der VwGH in der vorliegenden Entscheidung VwGH Ro 2020/04/0019-6 vom 14. November 2023 auseinander.
Die mitbeteiligte Partei führte als öffentliche Sektorenauftraggeberin ein offenes Verfahren im Unterschwellenbereich zur Vergabe eines Bauauftrages betreffend die Auswechslung von Wasserrohren in einem näher genannten Bereich öffentlicher Straßen in Wien nach dem Billigstbieterprinzip durch.
Das Angebot der Revisionswerberin wurde mit Ausscheidensentscheidung vom 13. Dezember 2019 ausgeschieden. Dies wurde damit begründet, dass die Revisionswerberin etwa durch den systemischen Einsatz anderer Unternehmen zur Legung von abgesprochenen Schein- bzw Deckungsangeboten eine schwere berufliche Verfehlung zulasten der mitbeteiligten Partei begangen habe, wogegen die Revisionswerberin die Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung mit der Argumentation, dass das bloße Vorliegen eines Abschlussberichts keine ausreichende Grundlage zum Ausschluss eines Bieters sei, beantrage. Weiters führte die Revisionswerberin aus, dass Maßnahmen zur Glaubhaftmachung der Zuverlässigkeit gesetzt wurden.
Das Verwaltungsgericht Wien wies diesen Nachprüfungsantrag ab, ließ aber die ordentliche Revision mangels Rechtsprechung zur Rechtsfrage, wann das „betreffende Ereignis“ anzusetzen sei, welches den Sektorenauftraggeber zum Ausschluss des betreffenden Unternehmens für einen Zeitraum von höchstens 3 Jahren gem § 254 Abs. 5 Z 2 BVergG 2018 berechtige, zu. Das Vorliegen eines Ausschlussgrundes iSd § 249 Abs 2 Z 4 BVergG 2018 wurde in der Revision nicht mehr bestritten.
 

Mag. Julia Steier

Der Tod eines geliebten Menschen ist ohne Zweifel ein traumatisches Ereignis, das tiefe emotionale Erschütterungen und Leiden bei den Hinterbliebenen verursachen kann. Die Rechtsprechung unterscheidet hierbei zwischen Schockschäden mit Krankheitswert, wie beispielsweise Depressionen, und Trauerschmerzen ohne Krankheitswert. Ein Schockschaden liegt demnach vor, wenn eine Person durch das Miterleben eines Unfalls eine psychische Beeinträchtigung mit Krankheitswert erleidet. Die Ersatzfähigkeit eines Schockschadens setzt grundsätzlich voraus, dass der psychisch Beeinträchtigte ein naher Angehöriger des Getöteten oder Schwerstverletzten ist. Als nahe Angehörige gelten etwa der Ehepartner und Lebensgefährte, die Kinder und die Eltern. Der OGH anerkannte in seiner bisherigen Rechtsprechung den Schockschaden aber auch dann, wenn der Geschädigte zwar mit dem Opfer in keiner Nahebeziehung stand, jedoch ganz unmittelbar in das Unfallgeschehen involviert war.

In der vorliegenden Entscheidung 2 Ob 208/23m vom 14.12.2023 befasst sich der OGH nun mit der Frage, ob der Kläger Anspruch auf den geltend gemachten Schockschaden hat, den dieser durch das unmittelbare Miterleben des Unfalltodes seines besten Freundes, mit dem ihn eine „beispiellose, äußerst innige und enge Beziehung“ verband, erlitten hat. Der Kläger befand sich im Jahr 2021 mit einer Gruppe von Freunden auf einer Mopedtour. Aufgrund eines plötzlich auftretenden technischen Problems musste die Gruppe einen Stopp einlegen, bei welchem ein PKW von der Fahrbahn abkam, ungebremst in die Menge fuhr und dabei zwei Personen – darunter der beste Freund des Klägers – getötet wurden. Der Kläger war zum Zeitpunkt der Kollision etwa 50 Meter von der Unfallstelle entfernt, beobachtete jedoch den gesamten Unfallhergang und leistete unmittelbar danach erste Hilfe.

Mag. Thomas Ukowitz 

Mit einer der jüngsten fluggastrechtlichen Entscheidungen schiebt der EuGH einer allzu passagierfreundlichen Auslegung der Verordnung (EG) Nr 261/2004 (EU-Fluggastrechteverordnung) einen Riegel vor und trifft wegweisende Klarstellungen zum Ausgleichsanspruch in Folge einer Flugverspätung.

Die Entscheidung fußt darauf, dass ein Fluggast vom ausführenden Luftfahrtunternehmen darüber informiert wurde, dass sein Flug erheblich verspätet sein wird. Aufgrund dessen befürchtete der Fluggast, einen Geschäftstermin zu verpassen. Der Fluggast buchte daraufhin selbst einen Ersatzflug, um den Termin wahrzunehmen. Dank dieses Ersatzflugs erreichte er sein Ziel schließlich mit einer Verspätung von weniger als drei Stunden. 

Ausgehend davon wandte sich der deutsche Bundesgerichtshof im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens mit der Frage an den EuGH, ob Fluggästen in derartigen Konstellationen ein Ausgleichsanspruch wegen Verspätung zusteht.

Der Gerichtshof stellte zunächst klar, dass Fluggäste nicht nur bei Annullierung eines Fluges, sondern auch dann, wenn sie wegen eines verspäteten Fluges einen Zeitverlust von drei Stunden oder mehr erleiden, grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch geltend machen können. Dies vor dem Hintergrund, dass die Fluggäste in beiden Fällen einen Schaden erleiden, der in einem irreversiblen Zeitverlust besteht und der nur durch eine Ausgleichszahlung ersetzt werden kann.

Mag. Thomas Ukowitz

Mit seinem Erkenntnis vom 21.12.2023, welches kürzlich im RIS veröffentlicht wurde, trifft der Verwaltungsgerichtshof wegweisende Klarstellungen zur Einzelfallprüfung betreffend die Kumulierung der Auswirkungen nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G).  

Das UVP-G normiert, dass die Behörde im Einzelfall festzustellen hat, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit nachteiligen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, sofern das Vorhaben alleine zwar nicht die maßgeblichen Schwellenwerte erreicht, mit anderen Vorhaben gemeinsam allerdings schon. Für die Kumulierung sind nach dem Gesetz andere gleichartige und in einem räumlichen Zusammenhang stehende Vorhaben zu berücksichtigen. Was mit der Wendung „gleichartige Vorhaben“ gemeint ist, lässt das UVP-G offen. 

Unter Verweis auf seine Vorrechtsprechung sowie die Rechtsprechung des EuGH stellt der VwGH vor diesem Hintergrund klar, dass die Einzelfallprüfung nicht auf betreffend das zu prüfende Vorhaben und nach dem maßgeblichen Tatbestand des Anhangs 1 zum UVP-G gleichartige Projekte einzuschränken ist. Es reicht, so der VwGH auf den konkreten Fall bezugnehmend, nicht aus, wenn die Einzelfallprüfung hinsichtlich eines Hotelvorhabens (UVP-Tatbestand Beherbergungsbetrieb) lediglich auf Grundlage der Kumulierung der Auswirkungen bloß anderer Hotelvorhaben, die ebenso unter den UVP-Tatbestand Beherbergungsbetrieb fallen, basiert. Vielmehr sind grundsätzlich Vorhaben zu berücksichtigen, die insofern schutzgutbezogen im räumlichen Zusammenhang mit dem zu prüfenden Vorhaben stehen, als Wechselwirkungen ihrer Auswirkungen mit den Auswirkungen des zu prüfenden Vorhabens auf einzelne Schutzgüter im für die Umwelt erheblichen Ausmaß nicht von vornherein ausgeschlossen werden können. Der VwGH fordert daher im Ergebnis, um auf das konkrete Beispiel zurückzukommen, dass die Umweltauswirkungen zB eines Hotelprojekts potentiell auch mit jenen eines räumlich zusammenhängenden Straßenbauvorhabens betrachtet werden müssen. Einer allzu engen Auslegung der Wendung „gleichartige Vorhaben“ erteilt der Gerichtshof somit eine deutliche Absage.

Spannend bleibt, wie Behörden und Verwaltungsgerichte auf die Entscheidung reagieren werden. Dies werden die kommenden Verfahren zeigen.

VwGH 21.12.2023, Ra 2023/04/0109

Mag. Georg Schwarzmann

In der brandaktuellen Entscheidung zu C-76/23 setzt sich der EuGH mit den vieldiskutierten Erstattungsmodaltäten von Ticketkosten im Fall einer Flugannullierung auseinander. Die Modalitäten für die Erbringung der fluggastrechtlichen Ausgleichsleistung sowie Erstattung von Ticketkosten werden in Art 7 Abs 3 VO (EG) 261/2004 definiert. Demnach ist die Leistung grundsätzlich durch Barzahlung oder Überweisung zu erbringen. Die Auszahlung in Form von Reisegutscheinen setzt hingegen das schriftliche Einverständnis des Fluggastes voraus.

Zahlreiche Luftfahrtunternehmen bieten ihren Kunden die Möglichkeit, die Erstattung der Ticketkosten online zu beantragen und dabei eine Auswahl hinsichtlich der Erstattungsmodalitäten zu treffen. Als Anreiz für die Erstattung in Form von Reisegutscheinen wird regelmäßig ein Zuschlag auf den ursprünglich geleisteten Flugpreis – sprich ein höherer Gutscheinwert – angeboten. 

Während die zuletzt genannte Praktik aus rechtlicher Perspektive unproblematisch erscheint, stellte sich im gegenständlichen Verfahren die Frage, unter welchen Voraussetzungen dem Kriterium des „schriftlichen Einverständnisses“ zur Erstattung in Gutscheinform entsprochen wird. Dieser Frage kommt insbesondere aufgrund der in diesem Punkt divergierenden sprachlichen Fassungen der Fluggastrechteverordnung eine nicht zu unterschätzende Komplexität zu. Während in der deutschen und einigen anderen Sprachfassungen lediglich von „schriftlichem Einverständnis“ die Rede ist, stellen andere Fassungen auf ein „vom Fluggast unterzeichnetes Einverständnis“ ab.

Der Gerichtshof hat diese rechtliche Problematik erfreulicherweise pragmatisch und unter Berücksichtigung der allgemeinen Zielsetzung der VO (EG) 261/2004, ein hohes Schutzniveau für Fluggäste sicherzustellen und Unannehmlichkeiten weitestgehend zu verhindern, gelöst. Eine online abgegebene Zustimmung zur Erstattung der Ticketkosten in Gutscheinform ist demnach wirksam, sofern dem Fluggast während des Erstattungsprozesses klare und umfassende Informationen über die verschiedenen Erstattungsmodalitäten zur Verfügung gestellt wurden, sodass er eine zweckdienliche und informierte Wahl treffen konnte.

  Wir sind stolz auf unsere frisch geprüften KollegInnen und gratulieren Katharina Kuenburg, Julia Steier und Thomas Ukowitz nochmals herzlich zu ihrer großartigen Leistung!

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Dr. Dieter Altenburger
Mag. Domnica Zamfirescu

Der VwGH hat am 13. Juni 2023, Ra 2021/10/0162, 0163 erkannt, dass ein Antrag der Umweltorganisationen auf Verordnungsprüfung bei der erlassenden Behörde von dieser inhaltlich zu prüfen ist. Die Causa, die Gegenstand des Erkenntnisses war, betraf die von der NÖ Landesregierung erlassene Fischotter-Verordnung, welche unter gewissen Umständen das Fangen und Töten von Fischottern – eine nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) geschützte Tierart – erlaubte. Zwei anerkannte Umweltorganisationen beantragten bei der NÖ Landesregierung die Überprüfung und Aufhebung dieser Verordnung. Die NÖ Landesregierung wies den Antrag im Wesentlichen mit der Begründung zurück, der VfGH habe ein ausschließliches Verordnungsprüfungsmonopol. Das LVwG bestätigte diese Entscheidung.
Der VwGH kam zu einem gegenteiligen Ergebnis. Erstens stelle die NÖ Fischotter-Verordnung eine Umsetzung des Unionsumweltrechtes dar. Anerkannten Umweltorganisationen stünde ein Recht auf Teilnahme am behördlichen Verfahren zu, soweit der Schutz von Normen des Unionsumweltrechtes betroffen wäre. Gestützt auf diese Judikatur, habe der VwGH anerkannten Umweltorganisationen bereits ein Antragsrecht auf Verordnungserlassung zum Zweck von umweltbezogenen Normen des Unionsrechts zugesprochen (VwGH vom 19.02.2018, Ra 2015/07/0074). Zweitens erkenne der VfGH in seiner bisherigen Rechtsprechung Umweltorganisationen keine Parteistellung im Verfahren nach Art 139 B-VG und damit keine Antragslegitimation zu (VfGH vom 14.12.2016, V134/2015 sowie V 87/2014). Der VwGH sah sich aufgrund der Rsp des VfGH in der Folge gezwungen, anerkannten Umweltorganisationen ein Recht auf Einleitung eines V-Prüfungsverfahrens bei der verordnungserlassenden Behörde zuzusprechen. Solange der VfGH den Umweltorganisationen im Verfahren nach Art 139 B-VG kein Antragsrecht zugesteht, müssen aufgrund unionsumweltrechtlicher Vorgaben V-Prüfungen im Verwaltungsweg eingeleitet werden können.

Mag. Georg Schwarzmann
Mag. Domnica Zamfirescu

Mit dem von Jarolim Partner erwirkten Erkenntnis des VfGH vom 3. Oktober 2023 erging eine wegweisende Entscheidung zur Abgrenzung des Kompetenztatbestand des Eisenbahnwesens. Der Gerichtshof kam zu dem Schluss, die für ein Eisenbahnbauvorhaben notwendige Verlegung oder Umgestaltung von Wasserläufen und Straßen sowie die zu diesem Zweck erforderlichen Grundinanspruchnahmen unterliegen ausschließlich der Bundeskompetenz nach Art 10 Abs 1 Z 9 B-VG.
Zur Umsetzung des gegenständlichen Eisenbahnvorhabens, für das bereits eine Trassengenehmigung vorlag, war die Umlegung von Wasserläufen und Straßen erforderlich. Die von der Beschwerdeführerin beantragte Abteilung von Grundstücksteilen zur Durchführung dieser Maßnahmen wurde jedoch von der nach landesrechtlichen Bestimmungen zuständigen Behörde untersagt.
Die belangte Behörde wies den Antrag mit der Begründung ab, eine Teilung sei im entsprechenden Bebauungsplan nicht vorgesehen. Das LVwG gelangte – unter abweichender Begründung - zum gleichen Ergebnis. Die Abteilung sei demnach nicht zulässig, weil zwischen Baufluchtlinien und Grenzlinien nach landesrechtlichen Vorgaben ein Abstand von drei Metern einzuhalten sei. Die beantragte Grundstücksteilung hätte eine Änderung der im Bebauungsplan festgelegten bebaubaren Flächen zur Folge.
Durch diese Entscheidung wird nach der vom VfGH vertretenen Auffassung das Recht der Beschwerdeführerin auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt. Die Verlegung des Baches dient der Herstellung des Eisenbahnvorhabens, weshalb ausschließlich bundesrechtliche Bestimmungen einschlägig sind. Ausschließlich bundesrechtliche Vorgaben sind auch auf Grundinanspruchnahmen für Zwecke des Eisenbahnbaus anzuwenden, und zwar unabhängig davon, ob auf der Grundfläche eine Eisenbahnanlage errichtet werden soll oder sie der Verwirklichung einer – dem Verkehrswesen bezüglich der Eisenbahnen unterfallenden – Begleitmaßnahme dient. Dies begründet der VfGH mit dem ausschließlich in eisenbahnrechtlichen Vorschriften normierten Enteignungsrecht. In diesem Kontext ist irrelevant, ob hinsichtlich der jeweiligen Grundfläche tatsächlich eine Enteignung stattgefunden hat. Vielmehr ist es ausreichend, dass die Grundfläche zur Herstellung oder zum Betrieb einer Eisenbahnanlage notwendig ist.
Umgelegt auf den Ausgangssachverhalt gelangt der VfGH in Anwendung dieser richtungsweisenden kompetenzrechtlichen Ausführungen zu dem Ergebnis, dass es dem Landesgesetzgeber nicht zusteht, die Grundinanspruchnahme bzw die dafür erforderliche Grundstücksteilung in Zusammenhang mit Eisenbahnbauvorhaben einer (baubehördlichen) Bewilligungspflicht zu unterwerfen.

VfGH 03.10.2023, E 977/2022-27

Mag. Thomas Ukowitz

In der Rechtssache C-212/21 P - EIB/ ClientEarth setzte sich der EuGH mit der Reichweite des NGOs gem Art 10 Aarhus-VO zustehenden Rechts auf interne Überprüfung von Verwaltungsakten nach dem Umweltrecht gegenüber Organen/Einrichtungen der Union auseinander. Der dem Urteil zugrunde liegende Fall betraf die Frage, ob der NGO ClientEarth das Recht zusteht, einen Beschluss des Verwaltungsrates der Europäischen Investitionsbank (EIB), mit dem die Finanzierung eines Biomassekraftwerkes genehmigt worden ist, überprüfen zu lassen.
Einleitend stellte der Gerichtshof klar, dass die Aarhus-VO im Sinne der Aarhus-Konvention auszulegen und der Verwaltungsrat der EIB insofern als „Organ/Einrichtung“ der Union iSd Aarhus-VO anzusehen sei. Der Begriff sei weit und funktionell auszulegen. Dies, um sicherzustellen, dass Einzelpersonen und Organisationen immer dann, wenn öffentliche Autorität ausgeübt wird, ausreichender Rechtsschutz zukommt.

Mag.a Magdalena Steringer, MA

Die Wirksamkeit von Werbung mit Umweltaussagen ist in einer Zeit intensiver Debatten über Klimapolitik und steigendem Umweltbewusstsein längst bekannt. Seitens der Werbetreibenden sind auch in diesem Bereich die Grundsätze des Verbots der Unlauterbarkeit zu beachten, wie das kürzlich ergangene Urteil in der Sache VKI gegen Austrian Airlines vor Augen führt. Auch die Europäische Kommission (EK) will der Praxis des „Greenwashings“ einen Riegel vorschieben, der Vorschlag zu einer Richtlinie hinsichtlich sog „Green Claims“ befindet sich bereit in der ersten Lesung.

1. Mit 100% SAF CO2-neutral nach Venedig – enge Prüfungsmaßstäbe und ausreichend Information
In der im Juni rechtskräftig entschiedenen Causa ging es um eine Werbeschaltung der AUA, mit welcher das Unternehmen mit CO2-neutralen Flügen („100% SAF [Sustainable Aviation Fuels]) nach Venedig warb. Der VKI klagte auf Unterlassung wegen Irreführung – die Werbung suggeriere, dass ein 100% CO2-neutraler Flug nach Venedig durchgeführt werden könne, was jedoch weder aus technischer noch regulatorischer Sicht möglich sei, da eine Beimengung von SAF zu herkömmlichen Kerosin nur in einem maximalen Umfang von 5% möglich sei, in Praxis jedoch lediglich von 0,4% erfolge. Die Entscheidung folgt im Wesentlichen dieser Argumentation: Nicht nur müssen bei der Beurteilung der Irreführung von Werbung mit Umweltschutzbegriffen enge Maßstäbe angelegt werden, sondern dürfen Umwelthinweise nur dann zu Werbezwecken verwendet werden, wenn diese eindeutig belegbar und nicht zur Täuschung geeignet sind. Werbetreibende sind zur Aufklärung potenzieller Missverständnisse verpflichtet. Die AUA habe einen irreführenden Gesamteindruck bei Kund:Innen erzeugt indem sie weder über die beschränkten Möglichkeiten hinsichtlich der Verwendung von SAF, den genauen Anteil des beigemengten SAF noch über den bloß in Zukunft und damit bilanziell erfolgenden Ausgleich informiert. Die beworbenen umweltlichen Folgen träten weder unmittelbar ein, noch führten diese zu einer vollständigen Reduktion von CO2-Emissionen.
Damit wird klargestellt, dass Adressat:Innen, wenn diese über das emotionale Thema der Klimafreundlichkeit zu einer Kaufentscheidung bewogen werden sollen, ausreichend über die tatsächlichen Gegebenheiten, die Einsatzmöglichkeiten der schonenderen Alternativen sowie deren Vor- und Nachteile informiert werden müssen – einen Ansatz, den auch die EK durch ambitionierte Vorhaben verfolgt.

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