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Aarhus und Finanzierungsentscheidungen – der EuGH zum Recht auf interne Überprüfung von Verwaltungsakten

Mag. Thomas Ukowitz

In der Rechtssache C-212/21 P - EIB/ ClientEarth setzte sich der EuGH mit der Reichweite des NGOs gem Art 10 Aarhus-VO zustehenden Rechts auf interne Überprüfung von Verwaltungsakten nach dem Umweltrecht gegenüber Organen/Einrichtungen der Union auseinander. Der dem Urteil zugrunde liegende Fall betraf die Frage, ob der NGO ClientEarth das Recht zusteht, einen Beschluss des Verwaltungsrates der Europäischen Investitionsbank (EIB), mit dem die Finanzierung eines Biomassekraftwerkes genehmigt worden ist, überprüfen zu lassen.
Einleitend stellte der Gerichtshof klar, dass die Aarhus-VO im Sinne der Aarhus-Konvention auszulegen und der Verwaltungsrat der EIB insofern als „Organ/Einrichtung“ der Union iSd Aarhus-VO anzusehen sei. Der Begriff sei weit und funktionell auszulegen. Dies, um sicherzustellen, dass Einzelpersonen und Organisationen immer dann, wenn öffentliche Autorität ausgeübt wird, ausreichender Rechtsschutz zukommt.

Darüber hinaus sei der Beschluss des Verwaltungsrates als Verwaltungsakt – als rechtsverbindliche und außenwirksame Maßnahme des Umweltrechts zur Regelung eines Einzelfalls – zu qualifizieren. Der EuGH stellte darauf ab, dass der Beschluss, den Standpunkt, wonach das Vorhaben im Hinblick auf Umweltaspekte für eine Finanzierung in Betracht komme, endgültig festgelegt habe und deswegen außenwirksam sei, da er sich insbesondere an den Vorhabensträger richte.
Die Finanzierungsentscheidung betreffe zuletzt auch Maßnahmen des Umweltrechts. Der Begriff Umweltrecht sei weit auszulegen und umfasse jeden Rechtsakt der Union, der zur Verwirklichung der Ziele der Umweltpolitik der Union beiträgt, unabhängig seiner Rechtsgrundlage und seines Erzeugungsverfahrens. Vor diesem Hintergrund seien sowohl der Beschluss des Verwaltungsrates als auch die Regularien der EIB, die Umweltkriterien als Rahmen für die Entscheidung über die Gewährung von Förderungen zur Verwirklichung der Umweltziele der Union enthalten, als Maßnahmen des Umweltrechts zu qualifizieren. Im Ergebnis wurden damit sämtliche Voraussetzungen gem Art 10 Aarhus-VO als erfüllt angesehen.
Mit dem gegenständlichen Urteil stärkt der EuGH einmal mehr die Rechte der betroffenen Öffentlichkeit. Hervorzuheben ist die weite Auslegung des Begriffs „Maßnahmen des Umweltrechts.“ Der Gerichtshof öffnet den Geltungsbereich der Aarhus-Konvention dahingehend, dass auch Finanzierungsentscheidungen, denen umweltrelevante Entscheidungskriterien zu Grunde liegen, vom Aarhus-Regelwerk umfasst sein können.

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