JF www publikationen min

Das BVwG und die UVP-Pflicht für die Seilbahn Kahlenberg

Mag. Domnica Zamfirescu

Mit Erkenntnis vom 16.10.2024 hat das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) den Bescheid der Wiener Landesregierung aufgehoben, mit dem festgestellt wurde, dass für das Vorhaben „Seilbahn Kahlenberg“ keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erforderlich sei. Die Angelegenheit wurde gemäß § 28 Abs 3 VwGVG zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen.
Die zentrale Rechtsfrage des behördlichen Verfahrens war: Ist die Übergangsbestimmung zur UVP-G-Novelle 2023 unionsrechtswidrig?

Um diese Frage zu beantworten, waren nach dem BVwG folgende Schritte zu klären:
1. Schritt: Sind Seilbahnen außerhalb von Schigebieten von der UVP-Richtlinie erfasst?
Ja. Das BVwG kommt zum Ergebnis, dass dem so sei, die UVP-RL umfasse sowohl Seilbahnen in Schigebieten (Tatbestand Z 11 lit a des Anhanges II zur UVP-RL) als auch Seilbahnen außerhalb von Schigebieten (Tatbestand Z 10 lit h des Anhanges II zur UVP-RL). Die Kommission bestätigte diese Auslegung in ihrer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage zum Seilbahnprojekt „Forte Begato“ in Genua.
2. Schritt: Wurde die UVP-RL im nationalen Recht adäquat umgesetzt bzw kann die alte Rechtslage unionsrechtskonform ausgelegt werden?
Ja, eine unionsrechtskonforme Auslegung ist nach Ansicht des BVwG möglich. Seilbahnen außerhalb von Schigebieten können in unionsrechtskonformer Auslegung unter den Tatbestand „neue Eisenbahnstrecken in schutzwürdigen Gebieten“ gemäß Anhang 1 Z 10 lit e des UVP-G 2000, als „ähnliche Bahnen besonderer Bauart“ fallen. Dies führe dazu, dass eine Einzelfallprüfung nach § 3 Abs 4 UVP-G 2000 durchzuführen wäre.
3. Schritt: Ist die Übergangsbestimmung unangewendet zu lassen?
Nein. Die Nichtanwendung der Übergangsbestimmung führe nicht dazu, dass ein Vorhaben, das möglicherweise einer UVP bedurft hätte, nun ohne eine solche zu verwirklichen wäre. Da eine unionsrechtskonforme Auslegung möglich sei, könne auch die Übergangsbestimmung angewendet werden.
Das BVwG kritisiert, dass die belangte Behörde keine ausreichenden Ermittlungen zur Frage angestellt habe, ob das Vorhaben möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf schutzwürdige Gebiete wie das Landschaftsschutzgebiet und den Biosphärenpark Kahlenberg habe. Darüber hinaus sei die Kumulation von Umweltauswirkungen fehlerhaft geprüft worden. Insbesondere sei nicht untersucht worden, ob andere Vorhaben mit ähnlichen Auswirkungen in die Bewertung hätten einbezogen werden müssen, wie es die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs verlange.
Das BVwG hat die Revision zugelassen, sodass nun mit Spannung zu erwarten bleibt, ob und wie sich die Höchstgerichte mit den Rechtsfragen dieses Vorhabens auseinandersetzen werden.

/ Aktuelles