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Mag.a Domnica Zamfirescu

Am 6. März 2025 hat der EuGH in der Rechtssache Waltham Abbey Residents Association / An Bord Pleanála, C-41/24, eine Verschärfung der Anforderungen im Screening (im österreichischen Recht: Einzelfallprüfung) vorgenommen. Streitpunkt war, wie weit die Ermittlungspflicht der irischen Behörde im „Screening“ geht: Obwohl eine Anwohnervereinigung mit Parteistellung im Verfahren (im österreichischen Recht: eine Bürgerinitiative) betreffend ein Wohnbauprojekt für die Errichtung von 123 Wohnungen auf streng geschützte Fledermausarten und deren Wanderkorridore entlang des betroffenen Flusses Lee hingewiesen hatte, verzichtete die Behörde auf weitere Ermittlungen. Den Projektunterlagen fehlten nähere Angaben zu den Auswirkungen des Projekts auf Fledermäuse.

Zentrale Aussagen des EuGH:

  • Berücksichtigungspflicht: Die zuständige Behörde hat im Rahmen des Screening-Verfahrens, mit dem die Erforderlichkeit einer UVP ermittelt werden soll, alle relevanten Informationen zu berücksichtigen, die ihr vorliegen, einschließlich der Informationen, die ihr unaufgefordert von einem Dritten übermittelt wurden, wenn sie objektive Umstände enthalten, die es der Behörde ermöglichen, abzuschätzen, ob die Gefahr besteht, dass das Projekt „erhebliche“ Auswirkungen auf die Umwelt hat (Rn 42, 49). Die entsprechende Stellungnahme des Dritten muss tatsächlich geeignet sein, der Schlussfolgerung entgegenzustehen, dass jeder vernünftige wissenschaftliche Zweifel hinsichtlich möglicher erheblicher Auswirkungen dieses Projekts auf die Umwelt ausgeschlossen ist (Rn 49).

  • Nachforderungspflicht: Wenn erhebliche Auswirkungen des betreffenden Projekts auf die Umwelt nicht ausgeschlossen werden können, muss die zuständige Behörde dem Projektträger die Möglichkeit einräumen, ihr zusätzliche Informationen zu übermitteln, bevor sie entscheidet, ob dieses Projekt einer UVP zu unterziehen ist (Rn 43). 

Kann hingegen trotz der von diesem Dritten an die zuständige Behörde übermittelten Stellungnahme auf der Grundlage objektiver Umstände ausgeschlossen werden, dass das Projekt möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt hat, kann die zuständige Behörde entscheiden, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist, ohne den Projektträger um zusätzliche Informationen ersuchen zu müssen.

Die Bedeutung für das österreichische Recht:

Im österreichischen Recht ist das Screening auch unter Einzelfallprüfung (im Folgenden EFP) bekannt. Die EFP ist sowohl für Neuvorhaben (Vorhaben des Anhangs 1 Spalte 3, Kumulation) als auch Änderungsvorhaben (mit Ausnahme von Änderungen bei Kapazitätsausweitungen um 100% des Schwellenwertes) durchzuführen.

Auch in Feststellungsverfahren ist eine EFP durchzuführen, es sei denn, allein die Schwellenwerte sind entscheidend. Dabei stehen der Behörde lediglich sechs Wochen (bzw acht Wochen im 3. Abschnitt) zur Verfügung, da nur Behörde und Verfahrensart verbindlich festgelegt werden sollen und keine UVP durchgeführt wird. Die EFP hat daher den Charakter einer Grobprüfung. Dies entbindet freilich nicht von der Pflicht zu Ermittlungen (vgl VwGH 8.10.2020, Ra 2018/07/0447 Rz 61). Müssen mehrere Sachverständigengutachten eingeholt werden, ist allerdings die Einhaltung der Frist realistisch kaum möglich (vgl BVwG 23.2.2018, W118 2182922‑1).

Eine UVP-Pflicht wird dann bejaht, wenn gem § 3 Abs 2 UVP-G 2000 „mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen zu rechnen ist“ – es genügt nicht die bloße Möglichkeit. Daran hat sich nichts geändert. Neu ist jedoch die verstärkte Nachforderungspflicht der Behörde: Liefert eine Partei substantiierte Hinweise auf erhebliche Auswirkungen, muss die Behörde zusätzliche Informationen vom Projektwerber einholen, bevor sie negativ entscheidet. Damit wird indes faktisch die Einhaltung der sechs- bzw acht-Wochen-Frist erschwert, können erhebliche SV-Kosten entstehen und erhöht sich das Risiko von Rechtsunsicherheit und Missbrauch (zB taktische Stellungnahmen). Es bleibt die Hoffnung, dass die Entscheidung des EuGH die Qualität der Verfahren stärkt, ohne die negativen Effekte wie Zeitverzug oder Kostensteigerungen auszulösen.

Mag.a Domnica Zamfirescu

Auch in der 11. „Staffel“ des Moot Court Umweltrecht war unsere Kanzlei wieder mit großem Engagement vertreten: Dr. Dieter Altenburger, MSc, begleitet die Lehrveranstaltung bereits seit der 2. Staffel und sorgt nun zum zehnten Mal dafür, dass die umweltrechtliche Nachwuchsförderung Rückenwind bekommt. Für mich war es eine tolle Premiere dabei zu sein.

Krönender Abschluss an der WU Wien:

Bei der feierlichen Abschlussveranstaltung am 25. Juni 2025 an der Wirtschaftsuniversität Wien wurde das von uns – gemeinsam mit Ass.-Prof. Dr. Stefanie Nitsch und Univ.-Prof. Dr. Daniel Ennöckl – betreute Team der Universität Wien und BOKU Wien mit dem 1. Platz ausgezeichnet. Wir gratulieren unseren Studierenden herzlich zu diesem großartigen Erfolg!

Gegenstand des diesjährigen Moot Courts war die Windkraftanlage Handalm, ein Projekt der Energie Steiermark auf der Koralpe. Nach der intensiven mündlichen Verhandlung durch die Student:innen vor Ort konnten wir alle die bereits realisierte Anlage bei einer beeindruckenden Besichtigung erleben. Die Energie Steiermark stellte nicht nur sämtliche Unterlagen für den Moot Court bereit, sondern gab uns auch spannende Einblicke in die Höhen und Tiefen des Projekts.

Neben unserem Siegerteam, das die Rolle des Antragstellers bekam, nahmen auch Teams der WU Wien als Umweltanwaltschaft, der JKU Linz als Behörde und der Universität Salzburg als Anrainer teil, jeweils unterstützt von namhaften Expert:innen des Umweltrechts.

Die Auswahl von Windkraftanlagen für den diesjährige Moot Court Umweltrecht war sehr passend. Laut dem 13. Umweltkontrollbericht von 2022 ist Windkraft nach Wasserkraft die zweit­wichtigste erneuerbare Stromquelle Österreichs und deckt knapp zehn Prozent des heimischen Bedarfs. Moderne Anlagen speisen bereits über sechs Terawattstunden pro Jahr ein – Tendenz steigend. Zugleich beanspruchen diese Anlagen pro erzeugter Gigawattstunde nur 0,05 bis 0,08 Hektar dauerhaft; die umliegenden Flächen bleiben meist landwirtschaftlich nutzbar. Bis 2030 sollen weitere zehn TWh Windstrom hinzukommen – ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zu 100 % erneuerbarer Stromerzeugung.

Der Moot Court Umweltrecht erweist sich einmal mehr als ideale Plattform, um künftige Jurist:innen an aktuelle komplexe Genehmigungs­verfahren im öffentlichen Wirtschaftsrecht heranzuführen. Der diesjährige Sieg unseres Teams spornt uns an, auch in der 12. Staffel wieder mit voller Energie dabei zu sein!

Moot Court Umweltrecht1

 Moot Court Umweltrecht1 Fotocredit: Thomas Neugebauer

Mag. Georg Schwarzmann

Seit Jahren wird um eine Neufassung der aus dem Jahr 2004 stammenden Fluggastrechteverordnung (VO (EG) 261/2004) gerungen. Gescheitert sind diese Bestrebungen bislang an den widerstreitenden Interessen von Konsumentenschutz und Luftfahrtlobby. Dabei ist unumstritten, dass punktuelle Anpassungen und Klarstellungen – schon allein aufgrund der Judikatur des EuGH – sachlich geboten sind.

Unter der polnischen Ratspräsidentschaft wurde daher ein neuer Anlauf gestartet. Die Anfang Juni erzielte Einigung im Rat der Europäischen Union durch die Verkehrsminister der Mitgliedstaaten kann trotz oder gerade aufgrund der Kompromisslösung als Durchbruch bezeichnet werden. Nunmehr ist jedoch das Europäische Parlament am Zug, das Einschränkungen des Konsumentenschutzes tendenziell kritisch gegenübersteht.

Um die Reichweite des gegenständlichen Entwurfs überblicken zu können, ist zunächst die in Geltung stehende VO (EG) 261/2004 zu erörtern. Fluggäste haben demnach einen Anspruch auf Ausgleichsleistung, wenn sie den Zielflughafen mit einer Verspätung von mehr als drei Stunden erreichen. Die Höhe der pauschalen Entschädigung ist nach Flugdistanz gestaffelt und beträgt 250, 400 oder 600 Euro. Kein Anspruch auf Ausgleichsleistung besteht, wenn dem Luftfahrtunternehmen der Nachweis gelingt, dass die Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist, die von ihm nicht kontrolliert werden konnten. Zudem kommt diese Ausnahmebestimmung nur dann zur Anwendung, wenn die Airline alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um die Verspätungsdauer zu minimieren. In den letzten Jahren ist zu beobachten, dass die Rechtsprechung zunehmend unverhältnismäßig strenge Anforderungen an die zur Haftungsbefreiung führenden außergewöhnlichen Umstände sowie deren Nachweis stellt.

Der aktuelle Entwurf sieht vor, dass Fluggästen erst ab einer Verspätung von vier Stunden ein Anspruch auf Ausgleichsleistung zukommt. Zudem sollen die Entschädigungsbeträge – ungeachtet der seit dem Jahr 2004 zu verzeichnenden Inflation – auf 300 und 500 Euro reduziert werden. Weiters sind hinsichtlich der außergewöhnlichen Umstände aus Airline-Perspektive Erleichterung vorgesehen, sodass zukünftig womöglich auch technische Probleme, Erkrankungen der Crew und Streiks des eigenen Personals zu einer Haftungsbefreiung führen können.

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Anhebung der zu einer Ausgleichsleistung führenden Verspätungsdauer sowie die Reduktion des Entschädigungsbetrags eine Schlechterstellung der Fluggäste zur Konsequenz haben. Eine weitere Aufweichung des Konsumentenschutzes erfolgt durch die Anpassungen im Bereich der außergewöhnlichen Umstände, wobei Unsicherheiten und Ineffizienzen hinsichtlich der Rechtsanwendung nach unserer Einschätzung nicht beseitigt werden.

Mag. Thomas Ukowitz

Unter welchen Voraussetzungen ist ein Luftfahrtunternehmen nach Art 8 Abs 1 lit a VO (EG) 261/2004 (Fluggastrechteverordnung) verpflichtet, dem Fluggast aufgrund der Annullierung des Fluges auch die Provision zu erstatten, die beim Kauf des Flugscheins an einen als Vermittler handelnden Dritten gezahlt wurde? Mit dieser Frage setzte sich Generalanwalt Norkus in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache C‑45/24 vom 19.06.2025 infolge eines Vorabentscheidungsersuchens des OGH auseinander.

Zunächst verweist GA Norkus auf das Urteil Harms des EuGH, in dem die Verpflichtung des Luftfahrtunternehmens zur Erstattung dieser Art von Provision grundsätzlich anerkannt, diese Rechtsfolge jedoch davon abhängig gemacht wurde, dass die Provision vom Luftfahrtunternehmen genehmigt worden sein muss und nicht ohne sein Wissen festgelegt worden sein darf (subjektives Element). GA Norkus präzisiert das Urteil Harms sodann dahingehend, dass es in Bezug auf das „Wissen“ ausreiche, dass dem Luftfahrtunternehmen die Rolle des Vermittlers bekannt ist und dass es seine Tätigkeiten gegen Provision billigt, ohne dass es aber deren genaue Höhe im konkreten Fall kennen muss.

Die Beweislast für das nötige Wissen des Luftfahrtunternehmens von der Vermittlungsprovision liege dabei nach Ansicht des GA Norkus grundsätzlich beim Luftfahrtunternehmen. Die dahingehenden Anforderungen an das Luftfahrtunternehmen sollen jedoch vor dem Hintergrund, dass diese Beweislastverteilung von ihm verlangen würde, eine „negative Tatsache“ nachzuweisen – was praktisch unmöglich ist – nicht zu streng sein. Das Luftfahrtunternehmen komme seiner Beweislast insofern bereits dadurch nach, dass es unter Darstellung aller relevanten Begleitumstände plausibel darlegt, dass ihm das nötige Wissen von der Erhebung von Provisionen durch den Vermittler bei der Ausübung seiner Tätigkeit fehlte und dass es diese nicht gebilligt hat. Gelingt dies, wäre es – so GA Norkus weiter – sodann die Aufgabe des Fluggasts, Gegenteiliges substantiiert darzulegen.

Zusammengefasst ist es nach Ansicht des GA Norkus nicht notwendig, dass das Luftfahrtunternehmen die genaue Höhe der Provision kennen muss, damit der Anspruch eines Fluggastes auf Erstattung der Provision bejaht werden kann. Die dahingehende Beweislast trifft grundsätzlich das Luftfahrtunternehmen, wobei die Anforderungen nicht überspannt werden dürfen. Die von GA Norkus vorgeschlagene Auslegung der Fluggastrechteverordnung schafft meines Erachtens einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Fluggäste und denjenigen der Luftfahrtunternehmen. Abzuwarten bleibt, ob der EuGH den Vorschlägen folgen wird.

EuGH C-45/24, ECLI:EU:C:2025:468

Mag. Katharina Kuenburg

Das Budgetbegleitgesetz 2025 enthält unter anderem wesentliche Neuerungen im Grunderwerbsteuer- und Einkommensteuergesetz:
  • Änderungen im EStG - Einführung des Umwidmungszuschlags:
    Im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes 2025 wurde nunmehr eine neue "Widmungsabgabe" eingeführt, welche bereits im Jahr 2025 auf Gewinne aus der Umwidmung von Grundstücken anwendbar sein soll.
    Von der neuen Regelung sind jene Steuerpflichtigen betroffen, die von der Umwidmung ihres Grundes profitieren, da mit der erstmaligen Bebauungsmöglichkeit idR eine erheblichen Wertsteigerungen verbunden ist.
    Aufgrund dessen ist ab 01.07.2025 nunmehr ein erhöhter steuerlicher Beitrag in Form eines Umwidmungszuschlags zu leisten.
    Durch die Einführung dieses Umwidmungszuschlags werden Grundstücksveräußerungen im Rahmen der Immo-Est besteuert. Besteuert wird hierbei jedoch nur die Veräußerung (Ertragsrealisation) des zuvor umgewidmeten Grundstücks und nicht etwa der rechtliche Akt der Umwidmung als solcher.
    Die Steuererhebung ergibt sich aus einer sich dadurch erhöhenden Bemessungsgrundlage (und gilt unabhängig vom sodann anzuwendenden (besonderen) Steuersatz), da der Umwidmungszuschlag letztlich als Zuschlag auf den Veräußerungsgewinn, der sich aus der Veräußerung eines umgewidmeten Grundstücks ergibt, zu verstehen ist.
    Der Umwidmungszuschlag beträgt 30 % auf den aus der Veräußerung von umgewidmetem Grund und Boden resultierenden Gewinn. Konkret wird in § 4 Abs 3a EStG eine neue Z 6 sowie in § 30 EStG ein neuer Abs 6a eingefügt. Diese doppelte Verankerung im Gesetz war erforderlich, damit der Umwidmungszuschlag auch Grundstücksveräußerungen aus dem Betriebsvermögen (und über § 7 Abs 2 KStG auch Körperschaften) erfasst.
    Umwidmungen deren Veräußerung zu einem Verlust führt oder generell steuerbefreite Einkünfte aus der Grundstücksveräußerung, sind von dieser neuen Regelung nicht umfasst.
    Der Umwidmungszuschlag bezieht sich auf "Altvermögen wie Neuvermögen", weshalb etwaige pauschale Anschaffungskosten (Altvermögen) von ihm unberührt bleiben. Er soll weiters alle juristischen und natürlichen Personen, somit auch Körperschaften, erfassen. Die Einkünfte aus der Grundstücksveräußerung und der Umwidmungszuschlag zusammen dürfen den Veräußerungserlös jedoch nicht übersteigen.
    Zeitlich sind Umwidmungen ab dem 31.12.2024 erfasst, wenn die Grundstücksveräußerung nach dem 30.06.2025 erfolgt.

Mag. Thomas Ukowitz

JETZT DAS RICHTIGE TUN. Für Österreich. Unter dieser programmatischen Ansage steht das Regierungsprogramm der kürzlich angelobten neuen österreichischen Bundesregierung für die kommende Legislaturperiode. Auch einige für das UVP-Verfahren relevante Maßnahmen, die im Kapitel „INFRASTRUKTUR: BREITBAND & GENEHMIGUNGSVERFAHREN“ enthalten sind, wollen die Regierungsparteien umsetzen.

Insbesondere soll die Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung vorangetrieben werden. Hervorzuheben ist die geplante Schaffung einer vollen Verfahrenskonzentration auch für den 3. Abschnitt des UVP-G. Die Vollkonzentration für den 3. Abschnitt wurde in der Vergangenheit bereits öfters gefordert bzw vorgeschlagen, konnte jedoch bisher nicht umgesetzt werden. Eine Beseitigung der Doppelgleisigkeit durch zwei teilkonzentrierte Verfahren, die immer wieder zu Komplikationen führt, wäre durchaus sinnvoll. Spannend bleibt, ob der Bund und die Länder eine gemeinsame Lösung finden werden können, welche Behörde – der BMVIT oder die Landesregierung – für das neue, vollkonzentrierte Verfahren zuständig sein soll.

Zudem ist im Bereich des UVP-G mitunter vorgesehen:

  • Erleichterung des Infrastrukturausbaus durch Ausnutzung der europarechtlich möglichen Flexibilität bei Ausgleichsmaßnahmen unter Berücksichtigung der jeweiligen Schutzgüter

  • Vereinfachung der Kumulierungsregelungen

  • Evaluierung einer Anpassung an die Vorgaben der Aarhus-Konvention

  • Aufhebung der Zweigleisigkeit von UVP-Genehmigungsverfahrensarten (das bisherige vereinfachte Verfahren soll das Standardverfahren werden)

  • Zeitgemäße Regelungen über die Bildung von Bürgerinitiativen in Anlehnung an die Vorgaben bei Volksbegehren sowie die Definition des konkreten Betroffenenkreises, insbesondere hinsichtlich der Beschwerdeerhebung

Neben den UVP-rechtlichen Beschleunigungsmaßnahmen gibt die Bundesregierung weiters die Genehmigungsbeschleunigung im AVG-Großverfahren (ua einheitliche elektronische Kundmachungsplattform, effiziente Verfahrensstrukturierung/Schluss des Ermittlungsverfahrens nach Vorbild des UVP-G) und die rasche Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III) samt Einführung des (bereits als Entwurf-vorliegenden) Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetzes (EABG) als Ziele aus.

Verfahrensvereinfachung und -Beschleunigung sollen also auch unter der neuen Bundesregierung hoch im Kurs bleiben. Inwieweit die vorgesehenen Maßnahmen tatsächlich „DAS RICHTIGE“ bewirken können, wird sich erst zeigen. Die geplante Vollkonzentration des Verfahrens nach dem 3. Abschnitt des UVP-G und die Vereinfachung der Kumulierungsregelungen stimmen zumindest optimistisch.

Jetzt das Richtige tun. Für Österreich. Regierungsprogramm 2025–2029

Mag. Thomas Ukowitz

In seinem Erkenntnis vom 15.11.2024, W270 2214075-1, setzte sich das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem Schutzzweck des schutzwürdigen Gebiets „Siedlungsgebiet“ nach Anhang 2, Kategorie E des UVP-G auseinander.

Die Eruierung des Schutzzwecks eines schutzwürdigen Gebiets ist bei der Einzelfallprüfung nach § 3 Abs 4 UVP-G von entscheidender Bedeutung. Im Rahmen einer UVP-rechtlichen Einzelfallprüfung wird grundsätzlich geprüft, ob mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist. Die Einzelfallprüfung nach § 3 Abs 4 UVP-G ist allerdings insofern eingeschränkt, als sie sich nur auf die mögliche Beeinträchtigung des Schutzzweckes, für den das schutzwürdige Gebiet festgelegt wurde, bezieht.

Zur Bestimmung des Schutzzwecks des „Siedlungsgebiets“ verweist das BVwG in der gegenständlichen Entscheidung zunächst auf Gesetzesmaterialien zum UVP-Vorhabenstatbestand „Entnahme von mineralischen Rohstoffen“, der bereits in der Fassung der UVP-G Novelle 2000 einen Schwellenwert für in bzw im Nahebereich von Siedlungsgebieten gelegene Vorhaben enthielt. Nach Ansicht des damaligen Gesetzgebers sollten in solchen Fällen – insbesondere in Erwartung eines erhöhten Verkehrsaufkommens oder der entstehenden Lärmbelästigung – die Auswirkungen auf die Lebensqualität von Nachbarn geprüft werden. Diese Ausführungen untermauert das BVwG sodann durch den Verweis auf vergleichbare Erwägungen im Schrifttum sowie eine Checkliste aus dem Leitfaden der Europäischen Kommission zum „Screening“ (2017).

Vor diesem Hintergrund erkennt das BVwG, dass der Schutzzweck des schutzwürdigen Gebiets „Siedlungsgebiet“ die Beurteilung der Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden – also die Lebensqualität – der betroffenen Bevölkerung ist.

Die Entscheidung des BVwG zum Schutzzweck des „Siedlungsgebiets“ nach Anhang 2, Kategorie E UVP-G reiht sich im Ergebnis in die bisherige Rechtsprechung des BVwG (vgl ua BVwG 14.06. 2024, W104 2240490-1; 18.05.2021, W118 2235701-1) ein und stimmt nicht nur mit der – soweit ersichtlich – einhelligen Literaturmeinung (vgl nur jüngst Schmelz/Schwarzer, UVP-G-ON2.00 Anhang 2 Rz 55 mwN), sondern auch mit den Ableitungen im Leitfaden des BMLFUW zur Einzelfallprüfung (2011, Seite 7) überein.

BVwG 15.11.2024, W270 2214075-1 

 

Mag. Diana Delmaeva

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) befasst sich in dieser Entscheidung mit dem Energieerzeugungsvorhaben „Innstufe Imst-Haiming“. Unter anderem geht es um die Frage, ob die vom Netzbetreiber zu errichtende Anlage zur Ableitung des Stroms bis zur bestehenden Einbindung in die 110-kV-Leitung als Teil des Vorhabens anzusehen ist.

Für die Beurteilung der Einheit eines Vorhabens ist der räumliche und sachliche Zusammenhang einzelner Maßnahmen entscheidend. Ob die Maßnahmen von einem oder mehreren unterschiedlichen Inhabern betrieben werden, ist dabei nicht ausschlaggebend (VwGH 31.7.2007, 2006/05/0221).

Die Beschwerdeführer argumentierten, dass es sich bei der verfahrensgegenständlichen Ableitung um eine notwendige neue Stromableitung eines Kraftwerks handelt, die gemeinsam mit diesem als ein einheitliches Vorhaben zu bewerten sei. Sie stützten sich dabei auf die bestehende Rsp des VwGH zu einer Windparkanlage, die zusammen mit der Anschlussleitung zu einem Umspannwerk als ein einheitliches Vorhaben angesehen wurde.

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass es sachlich gerechtfertigt sein kann, die Grenze des Vorhabens mit dem Übergabepunkt an das öffentliche Netz festzulegen, da die Stromableitung einen anderen Betriebszweck aufweist. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass diese Maßnahme erforderlich ist, um das vom Projektwerber eingereichte Vorhaben überhaupt betreiben zu können. Dabei wurde das Argument der Projektwerberin berücksichtigt, dass der Betreiber einer Energieerzeugungsanlage aufgrund des unionsrechtlich und gesetzlich vorgeschriebenen „Unbundling“ keine Einflussmöglichkeit darauf hat, wann und wie der Netzbetreiber das Netz ausbaut (dies trotz der Tatsache, dass der Betreiber der Wasserkraftanlage und der Netzbetreiber, wie von den Beschwerdeführern angeführt, demselben Konzern angehören).

In diesem Zusammenhang verwies das BVwG auf das Erkenntnis vom 22.11.2021, W248 2244480-1 Hochleistungsstrecke Linz-Marchtrenk Wasserleitungsquerungen, wonach für das Vorhaben erforderliche und darauf zugeschnittene Maßnahmen mangels Dispositionsbefugnis nicht dem Vorhaben zugerechnet wurden. Auch die von den Beschwerdeführern zitierte Rsp zur Windparkanlage, wonach das Umspannwerk selbst und die dahinterliegenden Hochspannungsleitungen als Teil des öffentlichen Netzes nicht Vorhabensbestandteil gewesen seien, bestätigt die Ansicht des BVwG. Lediglich die „Stromableitung“ vom Windpark bis zum Umspannwerk ist Teil des Vorhabens, da sie nicht zum öffentlichen Netz gehört.

Das BVwG hat die Revision hinsichtlich der Abgrenzung des Vorhabens für zulässig erklärt, da die Rechtslage dazu nicht eindeutig geklärt ist. Es bleibt daher abzuwarten, wie die weitere rechtliche Entwicklung verlaufen wird. BVwG 06.11.2024, W104 2269054-2

Mag.a Domnica Zamfirescu

Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 3. Dezember 2024 (G 10/2024, G 44/2024) § 43a Oö Natur- und Landschaftsschutzgesetz als verfassungswidrig aufgehoben. Der Antrag zur Gesetzesprüfung wurde vom Oö Landesverwaltungsgericht gestellt.

Die strittige Norm sah vor, dass Beschwerden gegen naturschutzrechtliche Bewilligungen keine aufschiebende Wirkung entfalten. Erst durch einen gesonderten Antrag und den Nachweis eines „unverhältnismäßigen Nachteils“ konnte im Einzelfall eine solche Wirkung zuerkannt werden. Damit wich diese Regelung vom in Österreich grundsätzlich geltenden Prinzip der automatischen aufschiebenden Wirkung von angefochtenen Bescheiden gemäß § 13 VwGVG ab.

Der VfGH stellt in seinen Erwägungen – unter Verweis auf frühere Entscheidungen (VwSlg 16.460/2002, 19.969/2015) – klar, dass § 43a Oö NSchG nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip oder den Grundsatz der Effektivität des Rechtsschutzes verstoße, da sie eine ausreichende Interessenabwägung zwischen den Interessen des Bewilligungswerbers, den öffentlichen Interessen sowie den Interessen Dritter normiert.

Der Verfassungsgesetzgeber verlangt allerdings zudem, dass von den allgemeinen verfahrensrechtlichen Regelungen abweichende Vorschriften für das Materienverfahren nur dann getroffen werden dürfen, wenn sie „erforderlich“ – also zur Regelung des Gegenstandes „unerlässlich“ – sind. Da bei der Umsetzung eines von der Naturschutzbehörde bewilligten Vorhabens mitunter irreversible Nachteile für die Natur und Landschaft drohen, und die zuständige Behörde bzw das zuständige Gericht dies im Rahmen der Interessenabwägung zu beachten hätte, war die Regelung nicht „erforderlich“. MaW: Aufgrund der sonstigen gesetzlichen Bestimmungen müsste auf Antrag ohnehin die aufschiebende Wirkung – anders unter Umständen bei Anlagen für erneuerbare Energien – zuerkannt werden. Vor diesem Hintergrund war die abweichende Regelung nicht „erforderlich“ iSv Art 136 Abs 2 B-VG.

Mag.a Katharina Kuenburg

In der Entscheidung vom 8.9.2024 (RV/7100134/2017) hat sich das BFG zur Anwendbarkeit der Hauptwohnsitzbefreiung bei einer späterer Hauptwohnsitzbegründung von 20 Monaten nach Anschaffung geäußert.

Die Hauptwohnsitzbefreiung stellt die in der Praxis wichtigste Befreiung von der Immobilienertragsteuer dar.

Grundsätzlich setzt die Hauptwohnsitzbefreiung des § 30 Abs 2 Z 1 lit a EstG voraus, dass das Eigenheim/die Eigentumswohnung „ab der Anschaffung“ bis zur Veräußerung für mindestens 2 Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz genutzt wird.

Bisher konnte der Befreiungstatbestand auch bei einem Nutzungsbeginn des Objekts als Hauptwohnsitz spätestens ein Jahr nach der Anschaffung geltend gemacht werden und war sohin nicht befreiungsschädlich. Die Verwaltungspraxis sieht sohin für diese unverzügliche Hauptwohnsitzbegründung eine Toleranzfrist von 12 Monaten vor.

In der gegenständlichen Entscheidung wurde nunmehr die Anwendbarkeit der Hauptwohnsitzbefreiung gemäß § 30 Abs 2 Z 1 lit a EStG bei einer Begründung des Hauptwohnsitzes nach (erst) 20 Monaten nach dem Anschaffungszeitpunkt bejaht und unter gewissen Voraussetzungen als angemessen erachtet.

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