Mag. Thomas Ukowitz
In seinem Erkenntnis vom 15.11.2024, W270 2214075-1, setzte sich das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem Schutzzweck des schutzwürdigen Gebiets „Siedlungsgebiet“ nach Anhang 2, Kategorie E des UVP-G auseinander.
Die Eruierung des Schutzzwecks eines schutzwürdigen Gebiets ist bei der Einzelfallprüfung nach § 3 Abs 4 UVP-G von entscheidender Bedeutung. Im Rahmen einer UVP-rechtlichen Einzelfallprüfung wird grundsätzlich geprüft, ob mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist. Die Einzelfallprüfung nach § 3 Abs 4 UVP-G ist allerdings insofern eingeschränkt, als sie sich nur auf die mögliche Beeinträchtigung des Schutzzweckes, für den das schutzwürdige Gebiet festgelegt wurde, bezieht.
Zur Bestimmung des Schutzzwecks des „Siedlungsgebiets“ verweist das BVwG in der gegenständlichen Entscheidung zunächst auf Gesetzesmaterialien zum UVP-Vorhabenstatbestand „Entnahme von mineralischen Rohstoffen“, der bereits in der Fassung der UVP-G Novelle 2000 einen Schwellenwert für in bzw im Nahebereich von Siedlungsgebieten gelegene Vorhaben enthielt. Nach Ansicht des damaligen Gesetzgebers sollten in solchen Fällen – insbesondere in Erwartung eines erhöhten Verkehrsaufkommens oder der entstehenden Lärmbelästigung – die Auswirkungen auf die Lebensqualität von Nachbarn geprüft werden. Diese Ausführungen untermauert das BVwG sodann durch den Verweis auf vergleichbare Erwägungen im Schrifttum sowie eine Checkliste aus dem Leitfaden der Europäischen Kommission zum „Screening“ (2017).
Vor diesem Hintergrund erkennt das BVwG, dass der Schutzzweck des schutzwürdigen Gebiets „Siedlungsgebiet“ die Beurteilung der Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden – also die Lebensqualität – der betroffenen Bevölkerung ist.
Die Entscheidung des BVwG zum Schutzzweck des „Siedlungsgebiets“ nach Anhang 2, Kategorie E UVP-G reiht sich im Ergebnis in die bisherige Rechtsprechung des BVwG (vgl ua BVwG 14.06. 2024, W104 2240490-1; 18.05.2021, W118 2235701-1) ein und stimmt nicht nur mit der – soweit ersichtlich – einhelligen Literaturmeinung (vgl nur jüngst Schmelz/Schwarzer, UVP-G-ON2.00 Anhang 2 Rz 55 mwN), sondern auch mit den Ableitungen im Leitfaden des BMLFUW zur Einzelfallprüfung (2011, Seite 7) überein.
BVwG 15.11.2024, W270 2214075-1