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Praxishandbuch zu Criminal Compliance.

Fachliteratur·Bearbeiter: Georg Schwarzmann ·ZfV 2024/29 · ZfV 2024, 313 · Heft 4 v. 13.12.2024

Praxishandbuch zu Criminal Compliance. Herausgegeben von Elias Schönborn und Thomas Morwitzer. Manz Verlag, Wien 2023. 700 Seiten, € 128,-.

In einer sich ständig weiterentwickelnden und globalisierten Wirtschaftswelt sind klare normative
Rahmenbedingungen von zentraler Bedeutung, um die Funktionalität des Marktes einerseits und
das Wohl der Menschen andererseits zu gewährleisten. Die damit einhergehende wachsende
Regelungsdichte und das Zusammenspiel insbesondere europäischer und nationaler Normen
setzen fundierte juristische Kenntnisse voraus. Während international agierende Konzerne
spezialisierte Compliance-Abteilungen einrichten, um die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben
sicherzustellen, fehlt es in kleineren Unternehmen häufig nicht nur am Risikobewusstsein,
sondern ebenso an den erforderlichen Ressourcen. An diesen Punkt knüpft das vorliegende
Praxishandbuch an, indem sowohl die Grundlagen und die Notwendigkeit von Criminal
Compliance erläutert als auch Strategien für die effektive Implementierung der erforderlichen
Systeme dargelegt werden.

Die Autoren fokussieren dabei - wie schon dem Titel "Criminal Compliance" zu entnehmen ist -
auf die Einhaltung straf- und verwaltungsstrafrechtlicher Bestimmungen. Obwohl das Strafrecht
nach dem Prinzip der ultima ratio das schärfste staatliche Steuerungsinstrument zur
Gewährleistung des Rechtsfriedens darstellt und folglich gravierende Sanktionen vorsieht, ist das
Problembewusstsein im wirtschaftsrechtlichen Kontext oftmals unzureichend ausgeprägt. Auch
hier erweist sich das Praxishandbuch als ideales Nachschlagewerk für UnternehmensjuristInnen
und AnwältInnen, in dem die relevanten Straftatbestände im Detail behandelt werden. Dabei
erschöpfen sich die Ausführungen nicht in einer bloßen Wiedergabe oder Erläuterung der
jeweiligen Bestimmung. Vielmehr gelingt es den Autoren, strukturiert und eingängig die
Compliance bezogenen Spezifika herauszuarbeiten. Ein Verständnis für die praktische Bedeutung
der Regelungen sowie Hilfestellungen für die Rechtsanwendung werden in den zahlreichen
Praxistipps vermittelt.
Neben den Tatbeständen des Strafgesetzbuchs werden auch einschlägige Bestimmungen
ausgewählter Nebengesetze, wie beispielsweise des Finanzstrafgesetzes, des Kartellgesetzes
2005 und des Börsegesetzes 2018, behandelt. Ein Unterkapitel ist darüber hinaus dem
Immaterialgüterrechtgewidmet. Aktuell besonders relevante und viel diskutierte Themen wie
Whistleblowing unter Berücksichtigung des 2023 in Kraft getretenen
HinweisgeberInnenschutzgesetzes, der normative Rahmen zur Verhinderung von Geldwäsche und
Terrorismusfinanzierung sowie ein Kapitel zum Verbandsverantwortlichkeitsgesetz, runden die
umfassende Darstellung der relevanten Materien ab.
Ein weiterer Schwerpunkt des Praxishandbuchs liegt erfreulicherweise auf dem
Verwaltungsstrafrecht, kommt diesem im täglichen Wirtschaftsleben doch herausragende
Bedeutung zu. Dabei werden neben den verfahrensrechtlichen Vorgaben des
Verwaltungsstrafgesetzes auch die verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestände ausgewählter
Materiengesetze, wie beispielsweise des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000, des
Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 und des Wasserrechtsgesetzes 1959, behandelt. Abgesehen von
den empfindlichen Strafdrohungen sowie der Tatsache, dass die grundsätzliche Verantwortlichkeit
der leitenden Organe diese regelmäßig einem erheblichen und kaum zu kontrollierenden Risiko
aussetzt, bestehen in diesem Rechtsbereich weitreichende Gestaltungs- und Handlungsoptionen
für die Rechtsunterworfenen. So kann die soeben erwähnte verwaltungsstrafrechtliche
Verantwortlichkeit leitender Organe durch die Bestellung sogenannter verantwortlicher
Beauftragter für das gesamte Unternehmen oder einzelne abgegrenzte Teilbereiche
ausgeschlossen werden. Mit den in diesem Kontext einzuhaltenden Voraussetzungen und der
gebotenen Vorgehensweise setzen sich die Autoren in der gewohnt praxisnahen Weise
auseinander.
Dem Umstand, dass vertretungsbefugte Organe und verantwortliche Beauftragte auch für nicht
unmittelbar von ihnen verwirklichte Verwaltungsübertretungen belangt werden können, trägt
zudem die Möglichkeit der Implementierung eines wirksamen Kontrollsystems Rechnung. In der
Praxis scheitern in diesem Kontext viele Unternehmen an den strengen Maßstäben, die nach der
höchstgerichtlichen Rechtsprechung anzulegen und im Einzelfall zu beurteilen sind. Das
Praxishandbuch zeigt diese Problematik klar auf, bietet jedoch auch eine präzise Darstellung der
Voraussetzungen eines wirksamen Kontrollsystems und praxisbezogene Lösungsansätze.
Schließlich beschäftigen sich die Autoren mit den Verfahrensabläufen, beginnend bei
unternehmensinternen Untersuchungen bis zu Straf- und Verwaltungsstrafverfahren. Die
einzelnen Schritte werden in klarer und präziser Sprache dargestellt, wobei Ausführungen zur
anzuwendenden Rechtslage optimal mit Strategie- und Praxistipps verbunden werden.
Im Ergebnis zeichnet sich das Praxishandbuch "Criminal Compliance" von Elias Schönborn und
Thomas Morwitzer durch eine umfassende und dennoch übersichtliche Darstellung der relevanten
Themenbereiche aus. Einzigartig ist die enge Verknüpfung zwischen der tiefgehenden Erörterung
der Rechtslage einerseits und den praktischen Tipps und Hilfestellungen andererseits. Das
Praxishandbuch bietet somit - ungeachtet der Vorkenntnisse des rechtskundigen Lesers - einen
seinesgleichen suchenden Leitfaden für präventive Maßnahmen und die Vorgehensweise in
(verwaltungs-)strafrechtlichen Verfahren. Auch als Nachschlagewerk bietet das Handbuch auf den
Punkt gebrachte Ausführungen zu allen denkbaren Fragestellungen im Bereich Criminal
Compliance.


Die Rezensenten:
Univ.-Prof. Dr. András Jakab, Universität Salzburg, Kapitelgasse 5-7, A-5020 Salzburg.
RA Mag. Georg Schwarzmann, Jarolim Partner Rechtsanwälte GmbH, Volksgartenstraße 3/2, A-

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