Mag. Georg Schwarzmann
Mit Urteil vom 17.10.2024 zu den verbundenen Rechtssachen C-650/23 und C-705/23 setzte sich der EuGH mit dem Anspruch von Passagieren auf Ausgleichsleistung in einer besonderen Sachverhaltskonstellation auseinander. Nachfolgend wird auf den der Rechtssache C-650/23 zugrundeliegenden Sachverhalt eingegangen. Die Einleitung des Vorabentscheidungsverfahrens erfolgte durch das Landesgericht Korneuburg.
Im Ausgangsfall verfügte der Passagier über die bei einem Reiseveranstalter vorgenommene Buchung für einen Flug von Heraklion nach Linz. Einen Tag vor dem geplanten Abflug informierte der Reiseveranstalter den Fluggast über eine Änderung der Reisedaten. Endziel des nunmehr rund fünfeinhalb Stunden später startenden Fluges sei demnach nicht Linz, sondern Wien. Der Passagier erschien folglich nicht zum Abflug des ursprünglich gebuchten Fluges, der allerdings vom beklagten Luftfahrtunternehmen planmäßig durchgeführt wurde. Darüber hinaus war die vom Reiseveranstalter erteilte Information über die Flugplanänderung nicht auf eine Handlung oder Entscheidung des ausführenden Luftfahrtunternehmens zurückzuführen, das von diesem Vorgang keine Kenntnis hatte.
Der Fluggast machte, gestützt auf die VO (EG) 261/2004 (Fluggastrechteverordnung), einen Anspruch auf Ausgleichsleistung gegenüber dem ausführenden Luftfahrtunternehmen geltend. Um die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Anspruchs zu ermöglichen, waren im Wesentlichen zwei Aspekte näher zu beleuchten:
1. Kann ein Ausgleichsanspruch wegen Nichtbeförderung auch dann geltend gemacht werden, wenn der Flug durchgeführt wurde, sich der Fluggast aufgrund einer entsprechenden Fehlinformation des Reiseveranstalters allerdings nicht zum Abflug eingefunden hat?
2. Trifft das ausführende Luftfahrtunternehmen eine rechtliche Verantwortlichkeit und somit Verpflichtung zur Zahlung der Ausgleichsleistung, wenn die Nichtbeförderung auf eine vom Reiseveranstalter gegenüber dem Fluggast erteilte Fehlinformation zurückzuführen ist.
Unter Verweis auf die Rechtsprechung zu C-238/22 – die sich allerdings auf eine Fehlinformation durch das ausführende Luftfahrtunternehmen bezog – führt der EuGH in der gegenständlichen Entscheidung aus, dass im Fall der Information über die Nichtbeförderung keine Verpflichtung des Passagiers besteht, sich am Flugsteig einzufinden. Zudem besteht die Verpflichtung zur Ausgleichsleistung im Sinne der Erreichung eines hohen Schutzniveaus für Fluggäste auch dann, wenn die Fehlinformation hinsichtlich der Nichtbeförderung vom Reiseveranstalter erteilt wurde. Der Vollständigkeit halber verwies der Gerichtshof auf die in Art 13 der Verordnung angesprochene Regressmöglichkeit des Luftfahrtunternehmens gegenüber Dritten.