Mag.a Domnica Zamfirescu
Der Verwaltungsgerichtshof (im Folgenden VwGH) hob am 08.08.2024 das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg (im Folgenden LVwG) im Zusammenhang mit der naturschutzrechtlichen Bewilligung eines Kraftwerksprojekts an der Salzach aufgrund von Verfahrensmängeln auf. Im Mittelpunkt der Entscheidung stand die unzureichende Prüfung des Vorkommens der nach der FFH-Richtlinie und landesrechtlichen Naturschutzregelungen geschützten Haselmaus im Projektgebiet. Die Haselmaus ist in Anlage 2 der Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung der Salzburger Landesregierung (LGBl Nr 93/2017) als besonders schützenswert iSd § 31 Abs 1 Z 1 Salzburger Naturschutzgesetzes gelistet. Die Landesumweltanwaltschaft Salzburg hatte gerügt, dass keine systematischen Erhebungen zum Vorkommen dieser Art durchgeführt wurden. Zudem wurde das angefochtene Erkenntnis den Begründungserfordernissen in Ansehung der Beurteilung nicht gerecht, ob durch das Projekt hinsichtlich waldbewohnender Vogelarten artenschutzrechtliche Verbotstatbestände ausgelöst werden. Außerdem waren die Auflagen im Hinblick auf die Herpetofauna völlig unbestimmt.
Das LVwG hatte etwa festgestellt, dass keine Haselmauspopulation im Projektgebiet existiere, wobei es sich dabei auf Zufallsfunde aus dem Jahr 2013 der Biodiversitätsdatenbank stützte. Die zoologische Amtssachverständige bestätigte zwar in der Verhandlung, dass spezielle Methoden zur Erfassung von Haselmäusen, wie Nistkästen oder Röhren, erforderlich gewesen wären, die hier nicht zum Einsatz kamen. Das LVwG ging ohne weitere Begründung allerdings nicht darauf ein.
Nach der Rechtsprechung des VwGH erfordert die Begründungspflicht der Verwaltungsgerichte folgende Schritte:
• eine eindeutige, überprüfbare Feststellung des zugrunde gelegten Sachverhalts,
• eine Darlegung der Gründe, die die Behörde bei widersprüchlichen Beweisergebnissen zur Feststellung eines bestimmten Sachverhalts bewogen haben,
• und schließlich die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch des Bescheids geführt haben.
Diese Anforderungen sind erfüllt, wenn die Überlegungen zum Sachverhalt, zur Beweiswürdigung und zur rechtlichen Beurteilung aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichts hervorgehen. Das Verwaltungsgericht darf dabei wesentliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen oder Begründungen übergehen (vgl zuletzt VwGH 22.10.2020, Ra 2019/10/0014 mwN).
Der VwGH stellte klar, dass die Sachverhaltsfeststellung samt Beweiswürdigung des LVwG im Hinblick auf Artenschutz unzureichend waren. Da nicht ausgeschlossen werden konnte, dass das LVwG bei Vermeidung der aufgezeigten Begründungs- bzw Ermittlungsmängel zu einem anderen Verfahrensergebnis gelangt wäre, hob er das Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.
VwGH 08.08.2024, Ra 2022/10/0157