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Entscheidungen aus Zivilrecht und Arbeitsrecht - Ausgabe 7

Auch die aktuelle Ausgabe des Newsletters enthält wieder aktuelle Entscheidungen aus dem Zivil- und Arbeitsrecht.

So stellen wir in der aktuellen Ausgabe eine Entscheidung vor, in der sich der OGH mit der Frage befasst, ob Mängelbehebungskosten schadenersatzrechtlich neben der Rückzahlung des vereinbarten Honorars begehrt werden können. Weiters erörtern wir auch die höchstgerichtliche Entscheidung, in welcher die Frage der Zulässigkeit der Geltendmachung einer Vertragsstrafe thematisiert wird, wenn der Werkbesteller selbst vom vereinbarten Terminplan abweicht.
Im Bereich des Arbeitsrechts präsentieren wir unter anderem ein Judikat des Höchstgerichts zur Frage, welche Folgen ein Verdienstentgang nach einem Unfall für die Alterspension hat sowie die Frage, welche Mitwirkungsbefugnisse ein Betriebsrat bei unzulässiger Betriebsvereinbarung hat.

 

ZIVILRECHTLICHE ENTSCHEIDUNGEN

  1. FAGG: Entfall des Rücktrittsrechts nach Leistungserbringung
    OGH 29.11.2017, 8 Ob 122/17z 
  1. Schockschaden bzw. Trauerschaden: Anwendbarkeit bei Tod des Bruders 
    OGH 29.11.2017, 7 Ob 105/17t
  1. Mängelbehebungskosten: Ersatz nach Rückforderung des Honorars
    OGH 15.11.2017, 1 Ob 202/17p
  1. Anschluss als Privatbeteiligter im Strafverfahren – Verjährungsunterbrechung
    OGH 14.11.2017, 10 Ob 45/17s   

  2. Zur Pönale, bei Abweichen des Werkbestellers vom Bauzeitplan 
    OGH 21.11.2017, 6 Ob 101/17x
  1. Unberechtigte Bedingungen für die Mängelbehebung führen zur Fälligkeit des Werklohns
    OGH 23.10.2017, 5 Ob 83/17t

ARBEITSRECHTLICHE ENTSCHEIDUNGEN

  1. Videoüberwachung im Betrieb
    VwGH 23. 10. 2017, Ro 2016/04/0051
  1. Verdienstentgang nach einem Unfall– Folgen für die Alterspension                                    
    OGH 28.11.2017, 2 Ob 184/17y   
  1. Rückzahlung von unrechtmäßig ausbezahltem Entgelt
    OGH 10.2017, 9 ObA 89/17d
  1. Mitwirkungsbefugnisse des Betriebsrats bei unzulässiger Betriebsvereinbarung 
    OGH 20.12.2017, 8 ObA 59/17k

H I N W E I S
Dieser Newsletter beinhaltet lediglich Kurzzusammenfassungen, die keinen Anspruch auf inhaltliche Vollständigkeit erheben. Dieser Newsletter dient als Serviceleistung und generelle Information über aktuelle höchstgerichtliche Entscheidungen. Dieser Newsletter ersetzt weder die eigenständige Lektüre der zitierten Entscheidungen noch eine individuelle Rechtsberatung. Jarolim Partner Rechtsanwälte GmbH haftet weder für Fehler im Newsletter noch für nachteilige und/oder unrichtige Schlüsse, die aus seinem Inhalt gezogen werden.


I. Z I V I L R E C H T L I C H E  E N T S C H E I D U N G E N

1. FAGG: Entfall des Rücktrittsrechts nach Leistungserbringung 
OGH 29.11.2017, 8 Ob 122/17z

Themenschwerpunkt: Informationsfehler über das Rücktrittsrecht

In der vorliegenden Entscheidung befasst sich der OGH mit der Frage des Erlöschens des Rücktrittsrechts eines Verbrauchers nach vollständiger Erbringung der Dienstleistung.

Im konkreten Fall weigerte sich der beklagte Verbraucher die Maklerprovision zu bezahlen, nachdem ihm die Klägerin als Immobilienmaklerin aufgrund eines Alleinvermittlungsauftrags, der iSd § 1 FAGG zustande gekommen war, erfolgreich eine Eigentumswohnung vermittelt hatte. Der beklagte Verbraucher trat vom Vertrag zurück und berief sich dabei auf einen Informationsfehler über sein Rücktrittsrecht und die damit einhergehende verlängerte Rücktrittsfrist gem § 12 Abs 1 FAGG.

Grundsätzlich werden die Voraussetzungen für das Erlöschen des Rücktrittsrechts nach vollständiger Erbringung der Dienstleistung in § 18 Abs 1 Z 1 FAGG bestimmt. Demnach erlischt das Rücktrittsrecht des Verbrauchers mit vollständiger Erbringung der Dienstleistung, wenn die Dienstleistung aufgrund eines ausdrücklichen Verlangens des Verbrauchers nach § 10 FAGG sowie einer Bestätigung des Verbrauchers über dessen Kenntnis vom Verlust des Rücktrittsrechts begonnen und vollständig erbracht wurde.

Der OGH beschäftigte sich im gegenständlichen Judikat mit der Frage, ob das Vorliegen dieser beiden gesetzlich geregelten Erfordernisse ausreicht, damit das Rücktrittsrecht nach FAGG mit vollständiger Leistungserbringung verwirkt, oder, ob das Rücktrittsrecht trotz vollständiger Leistungserbringung wegen der Nichteinhaltung anderer Informationspflichten bei Vertragsabschluss (konkret: einer nicht oder fehlerhaften Belehrung über das Rücktrittsrecht) weiterhin bestehen bleibt.

Diesbezüglich kam er zu folgendem Ergebnis: Dass der Kläger bei Vertragsabschluss allenfalls nicht oder nur unzureichend über sein Rücktrittsrecht nach FAGG belehrt worden ist, hat keinen Einfluss darauf, dass das Rücktrittsrecht erlischt, wenn die Voraussetzungen des § 18 Abs 1 Z 1 FAGG vorliegen (ausdrückliches Verlangen des Kunden auf Erbringung der Dienstleistung und Bestätigung der Kenntnis des Verlusts des Rücktrittsrechts nach vollständiger Leistungserbringung).Die Einhaltung anderer, gesetzlich normierter Informationspflichten bei Abschluss des Vertrags (konkret: § 4 FAGG) ist somit nicht Voraussetzung für das Erlöschen des Rücktrittsrechts ist. Dies deshalb, weil § 18 FAGG ja ausdrücklich die Tatbestandsmerkmale normiert, bei deren Vorliegen es zum Erlöschen des Rücktrittsrechts kommt. Die Einhaltung von anderen Informationspflichten ist dabei jedoch nicht als Voraussetzung erwähnt.

Abgesehen von dieser grundsätzlichen Feststellung führte der OGH auch noch aus, wann ein ausdrückliches „Verlangen des VerbrauchersiSd §18 Abs 1 Z 1 FAGG vorliegt. Nach Ansicht des OGH ist ein solches auch dann gegeben, wenn der Verbraucher dem Unternehmer gegenüber mündlich seinen Wunsch nach einem vorzeitigen Leistungsbeginn äußert, der Unternehmer ein entsprechendes Kästchen auf einer vorgedruckten Rücktrittsbelehrung anhakt und der Verbraucher daraufhin diese unterfertigt.

2.Schockschaden bzw. Trauerschaden: Anwendbarkeit bei Tod des Bruders
OGH 29.11.2017, 7 Ob 105/17t


Themenschwerpunkt: Personelle Reichweite eines Vertrags mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter

Im vorliegenden Judikat befasst sich der OGH mit der Frage, ob ein erwachsener Bruder wegen einer sehr innigen Gefühlsgemeinschaft, die über die übliche Beziehung von Geschwistern hinausgeht, berechtigt ist, wegen des Tods seines Bruders Schadenersatzansprüche wegen Schock- und Trauerschäden gegen das behandelnde Krankenhaus auf Basis des zwischen dem verstorbenen Bruder und dem Krankenhaus bestehenden Behandlungsvertrag zu begehren. Es stellt sich sohin die Frage, ob sich die Schutzwirkungen aus dem Behandlungsvertrag auf einen inniger Beziehung zum Verstorbenen stehender Bruder erstrecken und dieser somit berechtigt ist, wegen allfälliger Schock-und Trauerschäden infolge des Tods seines Bruders vertragliche Schadenersatzansprüche gegen das Krankenhaus geltend zu machen.

Gegenständlichem Judikat lag der folgende Sachverhalt zugrunde: Nach einer Operation am Bein und einem darauffolgenden Krankenhausaufenthalt verstarb der damals 36-jährige Bruder des Klägers. Der Kläger begehrt daraufhin klagsweise Zahlung für Schock- und Trauerschäden vom behandelnden Spital, gestützt auf den zwischen dem Verstorbenen und dem Spital abgeschlossenen Behandlungsvertrag.

Das Erstgericht stellte zwar in dieser Sache fest, dass zwischen dem Kläger und dem Verstorbenen eine innige Gefühlsgemeinschaft bestand, die über die übliche Beziehung zwischen Geschwistern im Erwachsenenalter hinausgeht. Die beiden sahen sich fast täglich und unternahmen viel gemeinsam. Die Eltern hätten sich früh scheiden lassen, sodass der Kläger für den verstorbenen Bruder gewissermaßen die „Vaterrolle“ übernommen hatte. Trotz diesen Feststellungen wies das Erstgericht das Klagebegehren des Klägers jedoch ab. Dies mit der Begründung, dass sich die Schutz-und Sorgfaltspflichten aus dem Behandlungsvertrag nur auf die Kernfamilie beschränken, sich aber nicht auf erwachsene Geschwister erstreckt. Geschwister sind zudem gesetzlich gegenseitig weder zur Fürsorge noch zum Beistand oder zur Leistung auf Unterhalt verpflichtet. Aus diesem Grund kann der Kläger auch auf vertraglicher Anspruchsgrundlage gegen das Spital keine Schadenersatzansprüche geltend machen.

Das Berufungsgericht schloss sich der Ansicht des Erstgerichts ebenfalls an.

Zur Frage, ob der klagende Bruder von den Schutz- und Sorgfaltspflichten des zwischen dem Verstorbenen und dem Spital bestehenden Behandlungsvertrag erfasst ist und somit auf Basis dessen gegen das Spital Schadenersatzansprüche gelten machen könnte, hielt der OGH wie folgt fest:

Da die beiden Brüder im Todeszeitpunkt bereits erwachsen waren, kann bei einem gebotenen, objektiven Verständnis typischerweise keine auffallende innige soziale Nahebeziehung erwartet werden. Dass im Einzelfall, besondere von den üblichen Sozialstrukturen abweichende Verhältnisse vorgelegen haben mögen, ist für die vorzunehmende objektive Auslegung der personellen Reichweite möglicher Schutzwirkungen des Behandlungsvertrags ohne Belang. Gesetzliche, wechselseitige Unterhalts- und Beistandspflichten, wie dies bei Ehegatten der Fall ist, liegen unter Geschwistern ebenfalls nicht vor. Bei dieser Sachlage – so der OGH weiter – ergibt eine objektive Auslegung des Behandlungsvertrags, dass der Kreis der von seinen Schutz- und Sorgfaltspflichten umfassten Dritten erwachsene Geschwister des Vertragspartners (behandelter Patient) nicht mehr einschließt. Es fehlt dann nämlich nach Ansicht des OGH an der objektiven Vorhersehbarkeit eines darauf gerichteten Interesses des behandelten Patienten.

3. Mängelbehebungskosten: Ersatz nach Rückforderung des Honorars
OGH 15.11.2017, 1 Ob 202/17p

Themenschwerpunkt: Umfang der Wandlung, Ersatz Mängelbehebungskosten

In dieser Entscheidung beschäftigt sich der OGH mit der Frage, ob es nach Rückforderung des Honorars im Wege der gewährleistungsrechtlichen Wandlung auch noch einen Anspruch auf Ersatz der Mängelbehebungskosten gibt.

Im vorliegenden Fall lag eine zahnärztliche Fehlbehandlung vor, wobei der Kläger neben der Rückzahlung des vereinbarten Honorars auch den Ersatz der Mängelbehebungskosten, die durch Behandlung bei einem anderen Arzt angefallen sind, begehrte.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung jedoch teilweise ab. Es wies das auf Ersatz des für die „Fehlerbehebung“ geforderten Betrags gerichtete Begehren ab. Die Klägerin sei zwar berechtigt das Honorar als nutzlosen Aufwand zurückzufordern, nicht aber zusätzlich die Mängelbehebungskosten. Dies deshalb weil der Aufwand zur Herstellung des mängelfreien Zustands geringer gewesen sei als das mit dem Beklagten vereinbarte Honorar. Es stehe ihr daher nicht zu, im Ergebnis die mit den Beklagten vereinbarte Leistung ohne Gegenleistung zu erhalten.

Der mit dieser Rechtssache betraute OGH stellte hierzu fest: Die Klägerin hat gegenständlich von ihrem Recht auf Wandlung des Vertrag Gebrauch gemacht, weil der Beklagte die Verbesserung verweigerte. Dass die Klägerin nun aber neben der gewährleistungsrechtlichen Rückforderung des gezahlten Honorars auch im Wege des Schadenersatzes die Kosten Mängelbehebung bei einem Dritten (welche der Höhe nach weniger war als jenes Honorar, dass die Klägerin beim Beklagten zahlte) vom Beklagten begehrt, ist nach Ansicht des OGH aber nicht zulässig. Denn die Klägerin hätte auch bei einer fehlerfreien zahnärztlichen Behandlung durch den Beklagten einen Betrag (nämlich das vereinbarte Honorar) aufwenden müssen, der über den für die Herstellung eines mängelfreien Zustands geforderten Kosten, liegt. Als Wandelnde kann die Klägerin wirtschaftlich aber auch im Wege des Schadenersatzes iSd § 932 Abs 1 Satz 2 ABGB nicht besser gestellt werden als sie stünde, wenn bereits durch den Beklagten ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. Liegt der Aufwand der Mängelbehebung unter dem Wert der vereinbarten zahnärztlichen Behandlung, kann die Klägerin - wie in diesem Sachverhalt - nach Wandlung nur das ursprünglich vereinbarte Entgelt zurückverlangen.

Somit kann im Ergebnis aber die unter dem ursprünglich bezahlten Honorar liegenden Mängelbehebungskosten nicht zusätzlich verlangt werden. Würden diese zuerkannt, würde dies zu einer Doppelliquidation und damit zur ungerechtfertigten Bereicherung der Klägerin führen, womit die Klägerin im Ergebnis unentgeltlich eine Leistung vom Beklagten erhielte.

4. Anschluss als Privatbeteiligter im Strafverfahren – Verjährungsunterbrechung 
OGH 14.11.2017, 10 Ob 45/17s

Themenschwerpunkt: Unterbrechung der Verjährung

In diesem Judikat beschäftigte sich der OGH mit der Frage der Unterbrechung der Verjährungsfrist durch den Anschluss als Privatbeteiligter in einem Strafverfahren.

Die Kläger erwarben bei der Erstbeklagten MEL-Zertifikate, welche auch an der Wiener Börse gehandelt wurden. Diese konnten nur mit einem enormen Verlust wieder veräußert werden. Die Zweitbeklagte ist Emittentin dieser Zertifikate und hat ihren Sitz auf der Kanalinsel Jersey.

Der Kläger wurde vor dem Ankauf von einem Inhaber eines Einzelunternehmens beraten. Es stellte sich heraus, dass dieser in einem Kooperationsvertrag mit einer Vertriebsgesellschaft stand, die wiederum eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Erstbeklagten ist.

In weiterer Folge wurde Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wien erstattet, welche zu einem Ermittlungsverfahren wegen Anlagebetrugs aufgrund der fälschlich als sicher dargestellten Zertifikate gegen das erstbeklagte Kreditinstitut sowie dessen Organmitglieder und die zweitbeklagte Emittentin führte.

Diesem Ermittlungsverfahren schlossen sich 7880 Anleger als Privatbeteiligte an, so auch die im gegenständlichen Verfahren klagende Partei.

Der Kläger begehrte von den Beklagten zu ungeteilter Hand Schadenersatz wegen Falschbelehrung über die gegenständlichen MEL- Zertifikate. Für seine Kaufentscheidung war nämlich unter anderem ein gemeinsames Werbeprospekt der Beklagten ausschlaggebend, in welchem unrichtige Aussagen über die Sicherheit der Veranlagung publiziert wurden. Zusätzlich wurden diese unrichtigen Darstellungen auch in Schulungen der Vertriebspartner bewusst verbreitet. Der Kläger gab an, dass er ohne diese unrichtigen Informationen und Meldungen die Zertifikate nicht erworben hätte. Vielmehr hätte er das Geld alternativ in ein Sparbuch investiert. Die Verjährung sei infolge des Privatbeteiligten Anschlusses unterbrochen.

Das erstbeklagte Finanzinstitut bestritt das Vorbringen und wendete ein, dass der Schadenersatzanspruch bereits verjährt sei. Im anschließenden Verfahren ging es über vor allem um die Klärung der Verjährungsfrage.

Sowohl Erst- als auch Berufungsgericht führten hierzu aus, dass der vom Kläger geltend gemachte Schadenersatzanspruch noch nicht verjährt sei. Dies deshalb, weil der Anschluss als Privatbeteiligter im Strafverfahren gegen die beklagte Partei zur Unterbrechung der Verjährungsfrist geführt habe.

Der OGH verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass gegenständlich eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht vorliegt (und daher eine Revision nicht zulässig ist). Die Tatsache, dass Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehlt, begründet für sich alleine noch nicht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage. Die herrschende Ansicht besagt außerdem, dass auch der Anschluss als Privatbeteiligter in einem Strafverfahren, welches sich gegen denjenigen richtet, der sich auf die Verjährung beruft, zur Verjährungsunterbrechung führt.

5. Zur Pönale, bei Abweichen des Werkbestellers vom Bauzeitplan
OGH 21.11.2017, 6 Ob 101/17x

Themenschwerpunkt: Mitwirkungspflicht des Werkbestellers, Pönalvereinbarung

Im gegenständlichen Sachverhalt klagte ein Werkunternehmer einen Werkbesteller auf Zahlung des ausstehenden Werklohns. Der Kläger wurde von der Beklagten mit Generalunternehmerleistungen für einen Dachgeschossausbau mit einem Gesamtpauschalpreis netto beauftragt. Zudem wurden im Werkvertrag der Baubeginn mit 7.3.2012 und die Fertigstellung mit 30.11.2012 vereinbart. Für Überschreitung des Fertigstellungstermins wurde eine Pönale von EUR 600,-- netto pro Kalendertag, begrenzt mit 5% der Auftragssumme, vereinbart. Da es zu einer Überschreitung des Fertigstellungstermins kam und diese nach Ansicht des Beklagten durch den Kläger verschuldet worden war, wendete der Beklagte gegen die geltend gemachte Werklohnforderung eine Pönale-Forderung als Gegenforderung ein.

Der Kläger bestritt die vom Beklagten compensando eingewendete Gegenforderung dem Grunde wie der Höhe nach. Dies mit dem Argument, dass die wesentlichen Arbeiten der Klägerin im Februar/März 2013 abgeschlossen waren, wobei die Nichteinhaltung des Fertigstellungstermins vor allem daran lag, dass der Beklagte die Ausführungs- und Polierpläne zu spät (nämlich erst 2 Monate nach Baubeginn) zur Verfügung stellte und es deshalb im weiteren Bauverlauf zu zeitlichen Verzögerungen gekommen sei.

Der mit dieser Rechtssache betraute OGH hielt hierzu fest, dass bei einem pönalisierten Verzug mangels abweichender Vereinbarung je nach Verzögerung zu unterscheiden ist:

Stammen die Verzögerungen aus der Sphäre des Werkbestellers, so muss zwischen kurzfristigen und üblichen Verzögerungen und langfristen, nichtüblichen unterschieden werden. Bei kurzfristigen und üblichen Verzögerungen verlängert sich die Pönalefrist um die Dauer der Verzögerung. Sollte es sich jedoch um eine langfristige Verzögerung, wie in vorliegendem Fall, und somit um nicht übliche Verzögerungen aus der Sphäre des Werkbestellers handeln, so ist davon auszugehen, dass der Bauzeitplan „über den Haufen geworfen“ wurde, dem Werkunternehmer (Kläger) an der Überschreitung des Fertigstellungstermins kein Verschulden trifft und der Werkbestellter mangels verschuldetem Verzug des Werkunternehmers keine Pönale-Forderungen geltend machen kann.

Das bedeutet nun für den gegenständlichen Sachverhalt: Aufgrund des mehr als zwei Monate verspäteten Vorliegens der Ausführungs- und Polierpläne durch den Beklagten kam es zu einer unübliche Verzögerung aus der Sphäre des Werkbestellers. Daraus folgt aber nun, dass auch der Fertigstellungstermin vom Beklagten „über den Haufen“ geworden worden ist, es keine verbindliche Frist mehr gibt und keine Vertragsstrafe begehrt werden kann.

6. Unberechtigte Bedingungen für die Mängelbehebung führen zur Fälligkeit des Werklohns
OGH 23.10.2017, 5 Ob 83/17t

Themenschwerpunkt: Leistungsverweigerung

In der gegenständlichen Entscheidung werden die Umstände, die in das Erlöschen des Leistungsverweigerungsrechts im Zusammenhang mit einer mangelhaften Werkleistung münden, näher ausgeführt. Die Klägerin erbrachte für die beklagte Partei auf Grundlage von drei Aufträgen Bauleistungen und begehrte nun die Zahlung des Werklohns. Die Beklagte wendete dagegen das Zurückbehaltungsrecht am gesamten Werklohn aufgrund von zahlreichen Werkleistungsmängeln ein. Tatsächlich stellte das Erstgericht die Zurechenbarkeit der Werkleistungsmängel zur Klägerin fest, wodurch grundsätzlich ein Zurückbehaltungsrecht des Werkbestellers begründet werde. Allerdings sprachen sich sowohl das Erstgericht, als auch das Berufungsgericht für die Verwirkung des Leistungsverweigerungsrechts aus, da die beteiligten Parteien zuvor bereitsausdrücklich die Behebung der Werkleistungsmängel zu bestimmbaren Terminen vereinbart hatten, jedoch die Beklagte nachträglich in Reaktion auf das Ersuchen um Terminbekanntgabe weitere, von der ausdrücklichen Vereinbarung abweichende Bedingungen für das Zulassen der Mängelbehebung erhob und damit die Unmöglichkeit der Verbesserung herbeiführte. Dazu wird ausgeführt, dass sich die Beklagte durch die Vereitlung der Verbesserungsbereitschaft der Klägerin im Annahmeverzug befindet, sodass ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 1052 S 1 ABGB nicht begründet sein kann.

Der OGH führte dazu aus, dass das Entgelt grundsätzlich gem § 1170 erster Satz ABGB nach vollendetem Werk zu entrichten ist, aber nach ständiger Rechtsprechung dem Werkbesteller bei Vorliegen von Mängeln bis zur Mängelbehebung ein Zurückbehaltungsrechtam gesamten aushaftenden Werklohn aufgrund der Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrags gem § 1052 ABGB zusteht. Allerdings kann dadurch die Fälligkeit des Werklohns nur solange hinausgeschoben werden, als ein Verbesserungsanspruch besteht und die Verbesserung im Interesse des Bestellers liegt. Das Leistungsverweigerungsrechterlischt somit sobald der Werkbesteller die Fertigstellung des Werks bzw die Mängelbehebung durch den Werkunternehmer verhindert oder unmöglich macht bzw durch einen Dritten vornehmen lässt. Nach gesicherter Rechtsprechung des OGH liegt dies dann vor, wenn der Werkbesteller die nötige Kooperation zur Bewerkstelligung der Mängelbehebung durch den Verpflichteten unterlässt.

Der OGH führt darüber hinaus aus, dass der Besteller, der die Mängelbehebung eines Werks fordert lediglich durch die Setzung einer angemessenen Frist eine Zeitbestimmung entsprechend seinen Interessen vornehmen kann, eine darüber hinausgehende Bestimmung über die Durchführung der Verbesserung jedoch nicht möglich ist. Durch ein solches unberechtigtes Verlangen verliert der Werkbesteller zwar nicht sein Recht auf Verbesserung, jedoch die Einrede des nicht erfüllten Vertrags als Grundlage der Zurückbehaltung des Entgelts. Der OGH wies auch darauf hin, dass er bereits wiederholt ausgesprochen hatte, dass ein solches unberechtigtes Verlangen auch im Stellen von Bedingungen liegen kann, die vor der Zulassung zur Verbesserung zu erfüllen sind.

Somit ist das Verhalten der Beklagten als Verbesserungsverweigerung anzusehen, da die Beklagte die Behebung der Mängel durch die Klägerin, in Abkehr von einer getroffenen Vereinbarung, von zusätzlichen, unzulässigen Bedingungen (Festlegung, eines Sanierungskonzepts, Verpflichtung zum Kostenersatz, Anerkenntnis einer Gegenforderung und Verjährungsverzicht) abhängig gemacht hatte.


II. A R B E I T S R E C H T L I C H E  E N T S C H E I D U N G E N

1. Videoüberwachung im Betrieb
VwGH 23. 10. 2017, Ro 2016/04/0051

Themenschwerpunkt: Betriebsvereinbarung zur Videoüberwachung im Betrieb

Die vorliegende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes behandelt die Notwendigkeit einer Betriebsvereinbarung im Zusammenhang mit der Videoüberwachung im Betrieb.

Der Revisionserwerber beabsichtigte eine Videoüberwachung der Ein- und Ausgangsbereiche seines Unternehmens und erstattete aus diesem Grund eine entsprechende Meldung bei dem Datenverarbeitungsregister. Die Videoüberwachung sollte für den Eigen- und Objektschutz genutzt werden, eine Überwachung der Arbeitsplätze sollte nicht erfolgen. Des Weiteren sollte die Auswertung der Daten ausschließlich in Anlassfällen erfolgen.

Die Datenschutzbehörde erteilte dem Arbeitgeber zwei Verbesserungsaufträge, unter anderem die Vorlage einer Betriebsvereinbarung. Eine solche wurde allerdings nicht vorgelegt, was in weiterer Folge zur Ablehnung der Registrierung führte.

Die Auffassung des Arbeitgebers, dass die Notwendigkeit einer Betriebsvereinbarung von den ordentlichen Gerichten zu beurteilen sei und nicht von der Datenschutzbehörde, lehnte der VwGH ab. Die Meldepflicht und das Registrierungsverfahren sind gesetzlich geregelt; zudem ist die Vorlage einer Betriebsvereinbarung verpflichtend vorgesehen und vom Arbeitgeber nicht freigestellt. Es obliegt ganz der Datenschutzbehörde zu prüfen, ob eine Betriebsvereinbarung abzuschließen und in diesem Fall einzureichen ist. Sollte während des Registrierungsverfahrens keine Betriebsvereinbarung vorgelegt werden, ist das Verfahren als mangelhaft zu beurteilen. Dem Arbeitgeber wird eine Verbesserung der Meldung aufgetragen. Wird dem Verbesserungsauftrag nicht entsprochen, ist die Registrierung der Meldung abzulehnen.

 2. Verdienstentgang nach einem Unfall – Folgen für die Alterspension
OGH 28.11.2017, 2 ObA 184/17y 

Themenschwerpunkt: Verdienstentgang, Wahlschuld

Im vorliegenden Judikat beschäftigt sich der OGH mit den Folgen für die Alterspension bei Verdienstentgang nach einem Unfall mit Körperverletzung.

Wenn eine Körperverletzung zum Wegfall oder zu einer Minderung der Erwerbsfähigkeit führt, dann hat der Schädiger dem Geschädigten jedenfalls den dadurch verursachten Verdienstentgang zu ersetzen. Ein geringeres Einkommen führt allerdings nach Erreichen des Regelpensionsalters auch zu einer geringeren Alterspension.

Der Geschädigte kann in Bezug auf seinen Pensionsschaden zwischen zwei Formen des Ersatzes wählen: entweder die laufende Zahlung eines Beitrags, der es ihm ermöglicht, durch eine freiwillige Versicherung eine Pensionslücke zu vermeiden, oder den Ersatz der konkreten Pensionslücke nach deren Eintritt. Insofern liegt daher eine Wahlschuld mit Gläubigerwahlrecht vor.

Im vorliegenden Fall hatte der Kläger von Anfang an eine Bruttorente, also (auch) unter Einbeziehung der Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung begehrt und zugesprochen erhalten. Da er wegen des Bezugs der Invaliditätspension keine Beiträge zur Pensionsversicherung zu leisten hatte, erhielt er damit jedenfalls mehr als den Nettoverdienstentgang.

Nach Erreichen des Regelpensionsalters begehrt er nun den Ersatz der monatlichen Pensionslücke.

Die Vorinstanzen waren der Auffassung, dass dieser Anspruch grundsätzlich besteht, sich der Kläger aber die bereits erhaltenen Beträge darauf anrechnen lassen muss. Den Restbetrag sprachen sie ihm zu.

Der OGH wies die Klage zur Gänze ab. Bei einer Wahlschuld ist der Wahlberechtigte an die von ihm getroffene Wahl gebunden. Der Kläger hat eine solche Wahl getroffen und kann nun nicht mehr einseitig davon abgehen.

Er kann somit nicht nachträglich – wenn auch unter Anrechnung dieser Beträge – die konkrete Pensionsdifferenz verlangen.

3. Rückzahlung von unrechtmäßig ausbezahltem Entgelt 
OGH 10.2017, 9 ObA 89/17d

Themenschwerpunkt: Übergenuss, Schadenersatz

In dieser Entscheidung setzt sich der OGH mit der Frage der Rückzahlung von unrechtmäßig ausbezahltem Entgelt auseinander.

Der Beklagte war bei der Klägerin als Gemeindesekretär angestellt und war unter anderem für die Lohnverrechnung, auch seine eigene, verantwortlich. Im Rahmen dieser Tätigkeit nahm er in die Abrechnung seines Entgelts eine Dienstalterszulage sowie eine Kinderzulage auf, obwohl ihm bekannt war, dass ihm diese Beträge nicht zustehen.

Durch die gesetzeswidrigen Auszahlungen entstand der Klägerin insgesamt ein Schaden in Höhe von EUR 23.417,89. Anlässlich einer Gebarungskontrolle im Jahr 2012 wurde die Klägerin erstmals von dieser Vorgehensweise des Beklagten informiert und begehrt nun die Zahlung von EUR 23.417,89.

Der Beklagte bestritt die Vorwürfe und brachte vor, dass die Auszahlung der Dienstalterszulage vereinbarungsgemäß erfolgt sei. Hinsichtlich der Kinderzulage habe er berechtigterweise angenommen, dass diese bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit und nicht nur bis zum vollendeten 26. Lebensjahres der Kinder zustehe. Infolge der jahrelangen Übung sei von einem stillschweigenden Einverständnis bzw. einer Zustimmung der Klägerin zur Auszahlung auszugehen.

Außerdem wendete der Beklagte ein, dass er dem Vorarlberger Gemeindeangestelltengesetz 2005 unterliege und demnach könne die Rückzahlung von Übergenüssen nur innerhalb von drei Jahren nach ihrer Entstehung geltend gemacht werden.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Begründet wurde dies damit, dass der Beklagte unter Ausnützung seiner Position die Auszahlungen veranlasst hat, obwohl ihm bewusst gewesen sei, dass ihm diese nicht zustehen. Die Klägerin mache somit nicht nur die Rückforderung eines Übergenusses geltend, sondern einen Schadenersatzanspruch, welcher erst drei Jahre nach Kenntnis des Schadens und des Schädigers verjähre.

Das Berufungsgericht lehnte die Berufung in weiterer Folge ab, da die Klägerin einen Schadenersatzanspruch und keinen Bereicherungsanspruch geltend mache. Der Beklagte habe die unrechtmäßigen Zahlungen zumindest im Sinne eines dolus eventualis zu verantworten und den Schaden der Klägerin mitkausal herbeigeführt. Auch eine Verjährung des Schadenersatzanspruches sei nicht eingetreten.

Der OGH gab der Revision des Beklagten nicht Folge. Das Vorarlberger Gemeindeangestelltengesetz 2005 regelt nur die bereicherungsrechtliche Rückforderung von Übergenüssen. Die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen ist daneben nach den allgemeinen Grundsätzen möglich, wenn überhöhte Bezüge aus falschen Angaben oder sonstigem dolosen Verhalten resultieren. Diese Ansprüche verjähren demnach erst nach 3 Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger.

 

4. Mitwirkungsbefugnisse des Betriebsrats bei unzulässiger Betriebsvereinbarung
OGH 20.12.2017, 8 ObA 59/17k

Themenschwerpunkt: Betriebsvereinbarung, Arbeitsvertrag

Die vorliegende Entscheidung des OGH behandelt das Nichtbestehen der Mitwirkungsbefugnisse des Betriebsrats bei einer unzulässigen Betriebsvereinbarung.

Der Kläger war 43 Jahre als Montagemitarbeiter bei der Beklagten beschäftigt. Der Kläger arbeitete großteils im Ausland. Der Zentralbetriebsrat und der Arbeitgeber vereinbarten, dass bei allen im Ausland tätigen Mitarbeitern vom Gehalt der Betrag für die inländische Lohnsteuer einbehalten werde, diese Gelder fließen in einen „Lohnsteuertopf“ und dienen zur Begleichung der ausländischen Steuern.

Vereinbart wurde eine Nachlauffrist von 3 Jahren, da die Steuern von den ausländischen Steuerbehörden nicht sogleich vorgeschrieben werden. Im Falle eines steuerlichen Überhanges sollte der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat beraten. Der Kläger begehrte eine Auszahlung aus dem Steuertopf iHv EUR 8.000,--.

Der OGH gab der Revision des Klägers Folge, da er der Meinung war, dass unzulässige Betriebsvereinbarungen Vertragsschablonen seien, deren Inhalt ausdrücklich oder schlüssig eine Änderung bzw Ergänzung des Vertrages herbeiführen würden.

So würde es sich bei der hier vorliegenden Steuertopfvereinbarung um eine geänderte Entgeltregelung handeln. Die Modifizierung würde dahingehend lauten, dass von den Löhnen die fiktive österreichische Lohnsteuer – für die Dauer des Auslandseinsatzes – einbehalten würde. Folglich liegt eine Vertragsänderung in Form einer Nettolohnvereinbarung vor. Außerdem sind die Vertragsparteien von einer Rückzahlungspflicht nach Ablauf der Nachlauffrist ausgegangen.

Im Ergebnis bleiben diese unzulässigen Betriebsvereinbarungen im Verhältnis zum Arbeitgeber bestehen (gleiches gilt für Gestaltungsvorbehalte des Arbeitgebers; aber nicht für Mitwirkungsbefugnisse des Betriebsrates).

Das bedeutet für den Kläger, dass der Arbeitgeber über die Rückzahlung eines Überschusses aus dem Steuertopf beliebig entscheiden kann. Eine billige Ermessensausübung liegt in der Ausübung des individuellen Rückzahlungsanspruchs des Arbeitnehmers nach Ablauf der Nachlauffrist (3 Jahre) für die maßgebliche Zeitperiode im Verhältnis der Einzahlung des Arbeitnehmers.


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