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Klimafreundliche Werbung unter der Lupe: Das Urteil gegen Austrian Airlines und die „Green Claims“ Richtlinie

Mag.a Magdalena Steringer, MA

Die Wirksamkeit von Werbung mit Umweltaussagen ist in einer Zeit intensiver Debatten über Klimapolitik und steigendem Umweltbewusstsein längst bekannt. Seitens der Werbetreibenden sind auch in diesem Bereich die Grundsätze des Verbots der Unlauterbarkeit zu beachten, wie das kürzlich ergangene Urteil in der Sache VKI gegen Austrian Airlines vor Augen führt. Auch die Europäische Kommission (EK) will der Praxis des „Greenwashings“ einen Riegel vorschieben, der Vorschlag zu einer Richtlinie hinsichtlich sog „Green Claims“ befindet sich bereit in der ersten Lesung.

1. Mit 100% SAF CO2-neutral nach Venedig – enge Prüfungsmaßstäbe und ausreichend Information
In der im Juni rechtskräftig entschiedenen Causa ging es um eine Werbeschaltung der AUA, mit welcher das Unternehmen mit CO2-neutralen Flügen („100% SAF [Sustainable Aviation Fuels]) nach Venedig warb. Der VKI klagte auf Unterlassung wegen Irreführung – die Werbung suggeriere, dass ein 100% CO2-neutraler Flug nach Venedig durchgeführt werden könne, was jedoch weder aus technischer noch regulatorischer Sicht möglich sei, da eine Beimengung von SAF zu herkömmlichen Kerosin nur in einem maximalen Umfang von 5% möglich sei, in Praxis jedoch lediglich von 0,4% erfolge. Die Entscheidung folgt im Wesentlichen dieser Argumentation: Nicht nur müssen bei der Beurteilung der Irreführung von Werbung mit Umweltschutzbegriffen enge Maßstäbe angelegt werden, sondern dürfen Umwelthinweise nur dann zu Werbezwecken verwendet werden, wenn diese eindeutig belegbar und nicht zur Täuschung geeignet sind. Werbetreibende sind zur Aufklärung potenzieller Missverständnisse verpflichtet. Die AUA habe einen irreführenden Gesamteindruck bei Kund:Innen erzeugt indem sie weder über die beschränkten Möglichkeiten hinsichtlich der Verwendung von SAF, den genauen Anteil des beigemengten SAF noch über den bloß in Zukunft und damit bilanziell erfolgenden Ausgleich informiert. Die beworbenen umweltlichen Folgen träten weder unmittelbar ein, noch führten diese zu einer vollständigen Reduktion von CO2-Emissionen.
Damit wird klargestellt, dass Adressat:Innen, wenn diese über das emotionale Thema der Klimafreundlichkeit zu einer Kaufentscheidung bewogen werden sollen, ausreichend über die tatsächlichen Gegebenheiten, die Einsatzmöglichkeiten der schonenderen Alternativen sowie deren Vor- und Nachteile informiert werden müssen – einen Ansatz, den auch die EK durch ambitionierte Vorhaben verfolgt.

2. Ausblick: die `brüsselsche´ Gegenoffensive
Das Problem der Schönfärberei ist in Brüssel altbekannt, bereits der neue Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft (COM(2020)98 final, 11.3.2020), sowie die Verbraucheragenda (COM(2020)969 final, 13.11.2020) legen den Kampf gegen Greenwashing als Priorität fest; kürzlich wurde mit dem Industrieplan (COM(2023)62 final, 1.2.2023) ein weiterer Schritt gesetzt, Änderungen der UGP-RL , wonach zukünftig allgemein gehaltene Aussagen über die Umwelteigenschaft eines Produktes bzw Aussagen, die nur einen Teil des gesamten Produktes (ohne entsprechende Kennzeichnung) betreffen, als unlauter sein sollen, durchlaufen derzeit den ordentlichen Gesetzgebungsprozess.
Nun folgt der nächste Zug: Mit dem Vorschlag zur RL über die Begründung ausdrücklicher Umweltaussagen und diesbezügliche Kommunikation (RL über Umweltaussagen), soll Verbraucher:Innen ausreichend Information zur Verfügung gestellt werden, um Ihnen die bewusste Entscheidung für klimaneutrale Produkte und somit einen aktiven Beitrag zur Erreichung der Ziele des Grünen Deals zu ermöglichen. Gewerbetreibende sollen Umweltaussagen zukünftig begründen und einer Bewertung unterziehen; Behauptungen müssen wissenschaftlich belegt, transparent und substanziiert sein (Art 3 der RL), auch vergleichende Umweltaussagen müssen begründet und ausreichend Informationen hinsichtlich der Vergleichsbasis gegeben werden (Art 4). Gütesiegel und Umweltzeichen sollen von unabhängigen Stellen geprüft und verliehen werden (Art 11).
Dieser Entwurf kann als Antwort auf Verfahren wie jenes iS AUA-Venedig gesehen werden. Unternehmen können sich durch ausreichende Information der Verbraucher:Innen schützen. Im Hinblick auf die legistischen Entwicklungen in Brüssel werden dabei wohl immer strengere Maßstäbe anzulegen sein – die derzeitigen Gesetzesvorhaben könnten aber Klarheit darüber schaffen, welche Kriterien genau einzuhalten sind, um nicht gegen das Verbot unlauterer Werbung zu verstoßen.

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