Mag. Christoph Piglmaier
Mag. Katharina Kuenburg
In seiner aktuellen Entscheidung vom 21.03.2023 zu GZ 2 Ob 36/23t beschäftigte sich der OGH mit einer über Jahrzehnte üblichen Wertsicherungsklausel. Der OGH gelangte in dieser Entscheidung zu dem Ergebnis, dass folgende Wertsicherungsklausel in Verbrauchermietverträgen (= Mietvertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher) unwirksam ist:
„Der Netto Mietzins von € [...] wird auf den vom österreichischen Statistischen Zentralamt verlautbarten Index der Verbraucherpreise 1976 wertbezogen. Sollte dieser Index nicht verlautbart werden, gilt jener als Grundlage für die Wertsicherung, der diesem Index am meisten entspricht.“
Diese Klausel verstößt nach Ansicht des OGH einerseits gegen § 6 Abs 2 Z 4 KSchG, da der Vermieter theoretisch schon in den ersten beiden Monaten nach Vertragsabschluss eine Erhöhung des vereinbarten Mietzinses vornehmen könnte. Eine derartige Vereinbarung kann in Mietverträgen, die auf einem Vertragsmuster basieren, was bei Verbrauchermietverträgen in der Praxis zumeist der Fall ist, nicht wirksam vereinbart werden. Andererseits verstößt diese Klausel nach Ansicht des OGH gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG, da nicht klar ist, welcher Verbraucherpreisindex dem Verbraucherpreisindex 1976 am meisten entspricht. Es ist auch nicht definiert, nach welchen konkreten Parametern der Ersatzindex auszuwählen ist.
Aus der genannten Entscheidung geht aber nicht hervor, ob sich die Unwirksamkeit allenfalls nur auf den vereinbarten Ersatzindex bezieht, oder die gesamte Wertsicherungsklausel unwirksam ist.
Auf Basis der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist von Zweiterem auszugehen. Denn der EuGH führte in seiner Entscheidung vom 08.12.2022 zu C-625/21 aus, dass im Falle einer unwirksamen Vertragsbestimmung nicht einmal eine Berufung auf eine gesetzliche Anspruchsgrundlage möglich ist.
Es ist daher naheliegend, dass auch eine Berufung auf einen allenfalls wirksam vereinbarten Teil der Wertsicherungsklausel nicht möglich ist. Denn die Intention der jüngeren Rechtsprechung des EuGH ist eindeutig, dass die Aufnahme missbräuchlicher bzw. dem zwingenden Gesetzesrecht widersprechender Bestimmungen zum kompletten Anspruchsverlust führen sollen.
Aus Vermietersicht sollten daher die Wertsicherungsvereinbarungen in Verbrauchermietverträgen dringend überprüft werden. Aus Mietersicht eröffnet die aktuelle Rechtsprechung des OGH und des EuGH die Aussicht, bereits bezahlte Wertsicherungsbeträge wieder zurückzufordern und bis zur Vertragsbeendigung keinen weiteren Wertsicherungen ausgesetzt zu sein.
Gerne stehen wir für Überprüfungen oder Detailfragen zur Verfügung.