Treibstoff auf der Startbahn ist ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne der VO (EG) 261/2004

In seinem Urteil vom 26. Juni 2019 befasst sich der Europäische Gerichtshof mit der Frage, ob Treibstoff auf einer Startbahn als außergewöhnlicher Umstand zu qualifizieren ist. Dem Ausgangsverfahren liegt die erhebliche Ankunftsverspätung eines Ryanair Fluges von Treviso nach Charleroi zu Grunde, welche dadurch bedingt war, dass eine Rollbahn am Flughafen Treviso aufgrund von dort befindlichem Treibstoff für die Dauer von mehr als zwei Stunden gesperrt wurde. Die Beurteilung setzt die Annahme voraus, dass der Treibstoff nicht von einem Flugzeug des beklagten Luftfahrtunternehmens stammt.
Der EuGH gelangte zu dem Ergebnis, dass das Vorhandensein von Treibstoff auf einer Flughafenrollbahn, das zu deren Schließung führt, als außergewöhnlicher Umstand im Sinne des Art 5 Abs 3 der Fluggastrechteverordnung anzusehen ist. Zum einen ist der eingetretene Umstand nicht untrennbar mit dem Betrieb des Flugzeugs verbunden und kann daher nicht als Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens angesehen werden. Zum anderen war der Zwischenfall von der Airline auch tatsächlich nicht zu beherrschen, zumal die Instandhaltung des Rollfelds nicht in deren Zuständigkeitsbereich fällt und die Entscheidung der Flughafenbehörde die Startbahn zu schließen für sie verbindlich ist.

Ein außergewöhnlicher Umstand führt jedoch nicht zwingend zu einer Haftungsbefreiung des Luftfahrtunternehmens. Aus diesem Grund hatte der Gerichtshof in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob sich das für die Verspätung kausale Ereignis auch dann nicht hätte vermeiden lassen, wenn seitens der Airline alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. In diesem Kontext stellte der EuGH klar, dass ausschließlich jene Maßnahmen zu berücksichtigen sind, die dem Luftfahrtunternehmen obliegen. Denkbare Maßnahmen Dritter stellen somit keine Voraussetzung für die Haftungsbefreiung dar. Im vorliegenden Fall hatte das Luftfahrtunternehmen den Anordnungen der Flughafenbehörde zu folgen, weshalb keine Möglichkeit bestand den außergewöhnlichen Umstand durch zumutbare Maßnahmen abzuwenden. Ein Anspruch der Passagiere auf Ausgleichsleistung ist folglich nicht gegeben.

(EuGH 26.06.2019, C-159/18)