VwGH Ra 2023/06/0074 – Der Gerichtshof zur Parteistellung in Wiederaufnahmeverfahren

Mit dem unlängst ergangenen Beschluss festigt der VwGH seine bisherige Rechtsprechung zur Begründung des Zulässigkeitsausspruches eines verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses und trifft wichtige Klarstellungen hinsichtlich der Parteistellung in Wiederaufnahmeverfahren.

 

Ausgangspunkt der Entscheidung ist die außerordentliche Revision einer anerkannten Umweltorganisation gegen einen Beschluss des BVwG, mit dem ihr Antrag auf Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens betreffend ein Straßenbauvorhaben abgewiesen wurde.

Die Revision rügt in ihrer Zulässigkeitsbegründung zunächst die mangelhafte Begründung des Zulässigkeitsausspruches durch das BVwG. Der VwGH entgegnet unter Verweis auf seine ständige Rechtsprechung (vgl etwa VwGH 30.09.2020, Ra 2020/11/0085), dass auch eine fehlende Begründung des Ausspruches über die Zulässigkeit der Revision nicht dazu führe, dass die Revision im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zulässig wäre. Die Zulässigkeitsbegründung der außerordentlichen Revision müsse vielmehr Gründe anführen, aufgrund derer anzunehmen wäre, dass die Lösung des Revisionsfalles von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhinge.

Die Revisionswerberin bringt weiter vor, es gebe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Parteistellung in Wiederaufnahmeverfahren. Der VwGH verweist zunächst auf § 32 Abs 4 VwGVG, wonach das Verwaltungsgericht die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen hat. Weiters beanstandet der Gerichtshof nicht, dass das BVwG (nur) die Projektwerberin als Partei beigezogen hat. Es könne nämlich, so der VwGH begründend, dahingestellt bleiben, ob gegebenenfalls weitere Parteien beizuziehen gewesen wären, da die Revisionswerberin durch die (Nicht-)Beiziehung weiterer Parteien des wiederaufzunehmenden Verfahrens jedenfalls nicht in den ihr gemäß § 19 Abs 10 UVP-G 2000 eingeräumten Rechten, nämlich die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften im Verfahren geltend zu machen, beeinträchtigt sein könne.

Hervorzuheben ist einerseits, dass der VwGH damit die in der Literatur vertretene Ansicht, dass neben dem Wiederaufnahmewerber grundsätzlich nur der Projektwerberin/den Projektwerbern Parteistellung im Wiederaufnahmeverfahren einzuräumen ist, da (nur sie) ein Interesse iSd § 8 AVG daran haben, dass das Verfahren nicht (zu Unrecht) wieder aufgenommen wird, indirekt bestätigt. Andererseits, dass der VwGH Umweltorganisationen insofern den Wind aus den Segeln nimmt, als er klar und deutlich festhält, dass Fragen der (Nicht-)Einräumung von Parteistellung in Wiederaufnahmeverfahren gerade nicht die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften betreffen.

Die außerordentliche Revision der Umweltorganisation wurde im Ergebnis – auch weil keine weiteren Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 144 Abs 4 B-VG aufgeworfen wurden – zurückgewiesen.

VwGH 12.06.2023, Ra 2023/06/0074

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