Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland – Gesetz zur Verfahrensbeschleunigung bei Verkehrsinfrastrukturprojekten schränkt angemessenen Zugang der betroffenen Öffentlichkeit zu Gerichten ein

Am 09.06.2021 leitete die EuropäGesetz zur Verfahrensbeschleunigung bei Verkehrsinfrastrukturprojekten schränkt angemessenen Zugang der betroffenen Öffentlichkeit zu Gerichten eiische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein. Das im März 2020 vom Deutschen Bundestag beschlossene Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz (MgvG) verstoße nach Ansicht der Kommission gegen die Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (Richtlinie 2011/92/EU). Der zentrale Vorwurf der Kommission lautet, das Gesetz berücksichtige das Klagerecht von Einzelpersonen und NGOs nicht ausreichend und beschränke deren Rechtsschutzmöglichkeiten unzulässigerweise.  

 

Das MgvG verfolgt das Ziel, die Planungs- und Genehmigungsverfahren von Verkehrsinfrastrukturprojekten zu beschleunigen. Das Gesetz eröffnet die Möglichkeit, gewisse darin angeführte Infrastrukturprojekte (hauptsächlich Eisenbahninfrastrukturprojekte) außerhalb des regulären Verwaltungsverfahrens durch Bundesgesetze zu genehmigen. Bereits im Zuge des Gesetzgebungsprozesses wurde der Entwurf kontroversiell diskutiert und wurde bereits die mögliche Unionsrechtswidrigkeit des Gesetzes ins Treffen geführt. Mit der Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens seitens der Kommission scheint sich dieser Verdacht nun zu erhärten.

Die Richtlinie 2011/92/EU ermöglicht es den Mitgliedstaaten Projekte im Sinne der Richtlinie durch einen nationalen Rechtsakt zu genehmigen, sodass sie von den Bestimmungen über die normalerweise durchzuführenden öffentlichen Anhörungen ausgenommen werden können. Soweit steht das MgvG also im Einklang mit der Richtlinie. Die Richtlinie stellt jedoch weiters klar, dass die Möglichkeit einer Überprüfung der Genehmigung von Projekten im Sinne der Richtlinie durch ein Gericht weiterhin bestehen muss. Genau jene Möglichkeit des Zugangs zu Gerichten ist nach Ansicht der Kommission insbesondere für Einzelpersonen und NGOS in nicht ausreichendem Umfang gegeben. 

Das MgvG ermöglicht es, wie bereits erwähnt, gewissen Verkehrsinfrastrukturprojekten die Genehmigung durch Bundesgesetz zu erteilen. Die Möglichkeiten ein Bundesgesetz zu bekämpfen sind für Individuen sowie Verbände sehr eingeschränkt, da Bundesgesetze nur durch das Bundesverfassungsgericht aufgehoben werden können. Gerade dieser Weg zum Bundesverfassungsgericht ist für Einzelpersonen und Verbände sehr schwierig zu beschreiten, sie können nur unter sehr engen Voraussetzungen Fälle vor das Verfassungsgericht bringen. Die Kommission sieht darin eine unzulässige Einschränkung der Rechtsschutzmöglichkeiten. Insbesondere in dem Lichte, als keine andere Bestimmung durch den deutschen Gesetzgeber geschaffen wurde, die es Individuen und NGOs ermöglicht, eine Überprüfung durch Bundesgesetz genehmigter Projekte im Sinne der Richtlinie beantragen zu können.

Mit Aufforderungsschreiben vom 09.06.2021 forderte die Kommission daher die Deutsche Bundesregierung auf, zu den beanstandeten Aspekten binnen zwei Monaten Stellung zu nehmen und notwendige Maßnahmen zu ergreifen. Sollte die Antwort der Deutschen Bundesregierung nicht im Sinne der Kommission ausfallen, hat diese die Möglichkeit, weitere Schritte einzuleiten, die in einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gipfeln würden.

Es bleibt daher vorerst einmal abzuwarten, wie die Deutsche Bundesregierung reagieren wird. Sicher ist jedoch, dass die Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens vorerst einmal einen Rückschlag für das von Beginn an umstrittene MgvG und die Bestrebungen des raschen Ausbaus der Verkehrsinfrastruktur bedeutet. Eine schnelle und unkomplizierte Lösung wäre wünschenswert. Ein unionsrechtskonformes rechtliches Instrument wie das MgvG, welches ein beschleunigtes Planungs- und Genehmigungsverfahren bietet, liegt nicht nur im Interesse der Projektwerber, sondern hinsichtlich Schieneninfrastrukturprojekten zweifelsohne auch im öffentlichen Interesse und im Interesse des Klimaschutzes.

https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/genehmigungen-beschleunigen-1688872">https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/genehmigungen-beschleunigen-1688872, 10.06.2021.

https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw03-pa-verkehr-verkehrsinfrastruktur-672408">https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw03-pa-verkehr-verkehrsinfrastruktur-672408, 10.06.2021.

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