Parteistellung des Trägers der Straßenbaulast im Verfahren gem § 49 Abs 2 EisbG (VfGH g 179/2019-25)
Das LVwG NÖ, dessen Antrag sich auch die betroffenen Gemeinden und das Land NÖ angeschlossen hatten, hatte sich im zugrunde liegenden Verfahren mit der Aufteilung der Kosten für Sicherungen von Kreuzungen einer Eisenbahnstrecke mit Gemeindestraßen auseinanderzusetzen. Die notwendigen Sicherungen wurden zuvor vom LH gem § 49 Abs 2 EisbG iVm §§ 4f EisbKrV bescheidmäßig vorgeschrieben. In diesem Sicherungsverfahren kam den Gemeinden als Trägerinnen der Straßenbaulast allerdings nach stRsp des VwGH keine Parteistellung zu.
Das LVwG brachte folgende Bedenken vor: Die angefochtene Bestimmung verstoße gegen Art 6 EMRK, da sie im Sicherungsverfahren, bei dem es sich um ein Verfahren über zivilrechtliche Ansprüche iSd Art 6 EMRK handelt, dem jeweiligen Träger der Straßenbaulast kein Parteiengehör gewährt. Weiters sei ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz feststellbar, da der Gesetzgeber durch den Verweis in § 49 Abs 2 EisbG auf § 48 Abs 2-4 EisbG zwei ungleiche Verfahren gleich behandelt. Ein wesentlicher Unterschied betreffe dabei auch die Parteistellung der Straßenbaulastträger, die ihnen im Verfahren gem § 48 Abs 1 zukommt, im Verfahren gem § 49 Abs 2 aber nicht. Außerdem äußerte das LVwG Bedenken im Hinblick auf das Determinierungsgebot des Art 18 B-VG: Die Gesetzesbestimmung mache nicht klar, welche Kosten in die Kostenaufteilungsmasse einzubeziehen seien, und ob der Verweis auf § 48 Abs 2-4 für jeden Fall einer Sicherungsentscheidung gelte.
Die vorgebrachten Bedenken betreffend die mangelnde Parteistellung der Träger der Straßenbaulast werden vom VfGH geteilt: Die bisherige Rspr des VwGH sei mit Art 2 StGG unvereinbar und verletzt ebenfalls Art 6 EMRK. Dem Gegenargument der BReg, dass im Sicherungsverfahren keine Parteistellung erforderlich ist, weil die Pflicht zur Errichtung der Sicherung allein das Eisenbahnunternehmen treffe und die Gemeinden im nachgelagerten Verfahren zur Kostenaufteilung ohnehin Parteistellung innehaben, konnte der VfGH nicht folgen: im Kostenaufteilungsverfahren kann von den Gemeinden nicht mehr die Rechtswidrigkeit der Anordnung der Sicherung geltend gemacht werden. Somit komme es „zu einer Abweichung von dem Grundsatz, dass jener, in dessen materielle Rechtssphäre bzw. in dessen subjektive Rechte ein Bescheid eingreift, als Adressat des Bescheides Parteistellung haben muss“.
Andere Verstöße gegen den Gleichheitssatz kann der VfGH ebensowenig erkennen wie eine Verletzung des Determinierungsgebots gem Art 18 B-VG.
Eine Aufhebung der angefochtenen Gesetzesbestimmung sah der VfGH aber nicht als erforderlich an, da sich weder aus dem Wortlaut noch aus der Systematik des Gesetzes ergibt, dass es die Absicht des Gesetzgebers sei, die Parteistellung des Trägers der Straßenbaulast auszuschließen. Vielmehr ist die angefochtene Gesetzesbestimmung verfassungskonform auszulegen und die Parteistellung im Sicherungsverfahren zu gewähren.
Daher war der Antrag des LVwG NÖ zwar als unbegründet abzuweisen, der festgestellte Verstoß gegen den Gleichheitssatz und die daraus abgeleitete verfassungskonforme Auslegung bedeuten jedoch eine erhebliche Änderung gegenüber der bisherigen Rspr des VwGH.